Die schwarz-gelbe Koalition lehnt den Bundestagsantrag auf ein NPD-Verbot ab. Zentralrats-Vorsitzender Graumann moniert fehlende Alternativkonzepte zur Bekämpfung der NPD.

Berlin. Der Zentralrat der Juden in Deutschland ist enttäuscht über die Haltung der Regierungskoalition zum geplanten NPD-Verbotsverfahren. In vielen Landstrichen Deutschlands seien die Neonazis dank der Parteienfinanzierung aus Steuergeldern „sehr präsent und als 'rechte Rattenfänger' erfolgreich“, sagte der Präsident des Dachverbands, Dieter Graumann, der Berliner Wochenzeitung „Jüdische Allgemeine“ (Ausgabe vom 25. April).

Zwar komme die Ablehnung des Verbotsantrags durch die Unionsfraktion nicht überraschend, aber überzeugende Konzepte, wie die NPD auf anderem Weg wirksam bekämpft werden könnte, habe die Regierungskoalition bisher nicht vorgelegt, hieß es weiter. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hatte sich am Vortag einstimmig gegen einen eigenen Antrag für ein Parteiverbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht ausgesprochen.

Die schwarz-gelbe Koalition wird an diesem Donnerstag den Vorstoß der SPD ablehnen, wonach der Bundestag neben dem Bundesrat einen eigenen NPD-Verbotsantrag in Karlsruhe stellen soll. Die Unionsfraktion stimmte in einer Sitzung einmütig für einen entsprechenden Antrag der Koalitionsfraktionen. Nach Teilnehmerangaben hat es lediglich zwei Enthaltungen gegeben.

Der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), wurde zitiert mit den Worten: „Wir haben es mit einer sterbenden Partei zu tun.“ Sie zu verbieten sei nicht mehr der richtige Weg. Es gebe 23.000 Rechtsextremisten in Deutschland, davon seien 6000 in der NPD. Die Länder hatten bereits im Dezember beschlossen, vor dem Bundesverfassungsgericht einen neuen Anlauf für ein NPD-Verbot zu starten. Die Vorbereitungen dafür laufen. Die Bundesregierung will sich nicht mit einem eigenen Verbotsantrag beteiligen.

Auch der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, hatte sich zurückhaltend zu einem neuen NPD-Verbotsverfahren geäußert. „Um bestimmte Verfahren reißen wir uns nicht – Anträge, die zulässig sind, müssen aber entschieden werden. Das ist hier kein Wunschkonzert“, sagte Voßkuhle der „Welt am Sonntag“ auf die Frage, ob ihm ein zweites NPD-Verbotsverfahren eigentlich recht sei. Das Gericht sei entgegen mancher Vermutungen nicht versessen darauf, politisch hochbrisante Entscheidungen zu treffen. Es sei schwer zu sagen, ob generell von der Politik zu viel an das Gericht abgegeben werde. „Jedenfalls kann es aus Sicht der Politik auch eine sinnvolle Strategie sein, bestimmte Probleme vom Bundesverfassungsgericht rechtlich vorklären zu lassen.“

Wegen des Antrags des Bundesrates muss sich Karlsruhe in jedem Fall mit einem NPD-Verbot befassen. Im Jahr 2003 war der Versuch gescheitert, die Partei verbieten zulassen. Voßkuhle sagte, juristisch mache es keinen Unterschied, wie viele Anträge am Ende gestellt würden.

Der Streit um ein NPD-Verbotsverfahren hält seit Monaten an. Die Länder haben sich bereits im Dezember vergangenen Jahres dafür entschieden, in Karlsruhe einen Verbotsantrag zu stellen. Die SPD will nun durchsetzen, dass der Bundestag einen eigenen Verbotsantrag stellt. Nach der ablehnenden Haltung der Regierungsparteien werden ihm am Donnerstag bei der Beratung im Parlament allerdings keine Chancen eingeräumt.