Scharfe Kritik an Parteichef Rösler und am Schweigen von Bundeskanzlerin Merkel

Berlin. Die Ablehnung eines eigenen NPD-Verbotsantrags der Bundesregierung hat der FDP scharfe Kritik eingebracht. Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) sieht nun sogar das gesamte Verfahren bedroht, die rechtsextreme Partei zu verbieten. Gall sagte, die "blamable" Vorstellung der FDP und das Schweigen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) schadeten auch dem Ansehen Deutschlands. Er sprach von einem "falsch verstandenen Liberalismus" und "bodenloser Gleichgültigkeit". "Die aggressiv verfassungsfeindliche Politik der rechtsextremistischen Partei kann man nicht einfach als Dummheit abtun", sagte Gall. FDP-Chef Philipp Rösler hatte gesagt, man könne Dummheit nicht verbiete.

Die Länder hatten im Dezember im Bundesrat beschlossen, einen neuen Anlauf für ein Verbot der NPD zu starten. Vor zehn Jahren waren Regierung, Parlament und Länderkammer noch zusammen vor das Bundesverfassungsgericht gezogen - der Antrag war allerdings gescheitert, weil Informanten des Verfassungsschutzes damals auch in der Führungsebene der Partei tätig waren. Die offizielle Entscheidung der Bundesregierung dazu, ob auch sie einen NPD-Verbotsantrag einreichen will, soll an diesem Mittwoch im Kabinett fallen. Mit der FDP-Entscheidung dürfte ein eigener Regierungsantrag aber vom Tisch sein.

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sagte, die Entscheidung der FDP sei enttäuschend und falsch. Röslers Äußerungen nannte Steinbrück gefährlich. Es behaupte niemand, dass die Bekämpfung des Rechtsextremismus mit einem Verbotsantrag getan sei, sagte Steinbrück. Wenn man einer Partei wie der NPD das Wasser abgraben wolle, sei dazu aber auch der Gang nach Karlsruhe notwendig.

Die Bundesregierung hat ihr Nein zu einem eigenen NPD-Verbotsantrag nach den Worten von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sorgfältig abgewogen. Die Regierung wolle nicht, dass der Kampf gegen Rechtsextremismus auf ein Verbotsverfahren verengt werde, sagte sie. Gesinnung verschwinde nicht auf diesem Weg. Ein Verbotsverfahren sei mit vielen Risiken verbunden. Der erste Versuch, die rechtsextreme Partei zu verbieten, sei kläglich gescheitert.

Die Union ist sehr zurückhaltend, ob nach dem Bundesrat auch der Bundestag einen eigenen Antrag auf ein NPD-Verbot stellen soll. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte, sie halte es für richtig, dass ein Verbotsverfahren beschlossen sei. "Das heißt aber nicht, dass ich in jedem Fall einen eigenen Antrag des Bundestages für notwendig erachte." Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Michael Grosse-Brömer, sagte, wenn die Bundesregierung wie angekündigt keinen eigenen Antrag stellen wolle, werde dies die Beratungen im Bundestag entsprechend beeinflussen. Die Unions-Abgeordneten werden laut Grosse-Brömer ihre Haltung Mitte April abklären.