Der Fall des Bayern-Chefs ist für die Opposition Beleg, dass ihre Steuerpolitik richtig ist. Auch Kanzlerin Merkel geht auf Distanz zu Hoeneß.

Berlin/München. Uli Hoeneß ist ein Fan von Kanzlerin Angela Merkel. Das sagte er vor fast genau einem Jahr in einem Interview im Fernsehen. Die Kanzlerin wolle Leute, die querdenken. „Sie will Leute, die ihr nicht nach dem Mund reden. Deswegen bin ich Fan von Merkel“, sagte Hoeneß damals. Als seine Welt noch in Ordnung war, als er sich noch einmischte in die Politik und als er in der Berliner Republik ein gern gesehener Gast war, vor allem bei Union und FDP. Angela Merkel ist kein Fan von Uli Hoeneß. Jedenfalls nicht mehr. Die Vorsitzende der CDU und Regierungschefin distanzierte sich von dem Fußball-Manager. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte: „Viele Menschen sind jetzt enttäuscht von Uli Hoeneß, die Bundeskanzlerin zählt auch zu diesen Menschen.“ Diese Enttäuschung sei natürlich umso größer bei jemandem, der für so viel Positives stehe.

Nach seiner Selbstanzeige wegen Steuerbetrugs verliert Bayern-Präsident Uli Hoeneß an Rückhalt, auch in der Politik. Es gebe weiterhin Verdienste des Bayern-Präsidenten. „Aber es ist jetzt durch die Tatsache der Selbstanzeige wegen Steuerbetrugs eine andere, traurige Facette hinzugekommen“, sagte Seibert. Steuerhinterziehung sei ohne jeden Zweifel ein schweres Delikt. Die Staatsanwaltschaft München prüft, ob Hoeneß sich im Januar rechtzeitig selbst angezeigt hat, um einer Strafe wegen Steuerhinterziehung zu entgehen. Andernfalls droht ihm eine mehrjährige Haftstrafe. Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete unter Berufung auf Justizkreise, Hoeneß habe seit mehr als zehn Jahren versteuertes Geld in Millionenhöhe bei einer in Zürich ansässigen Bank angelegt, ohne dem deutschen Fiskus Kapitalertragssteuer gezahlt zu haben. Inzwischen habe er eine Abschlagszahlung auf seine Steuerschuld von drei Millionen Euro überwiesen.

Die schnelle und kühle Reaktion der Bundeskanzlerin hängt auch mit den zunehmenden Angriffen der SPD auf die Union in dieser Affäre zusammen. Der Chef der SPD-Bundestagfraktion, Frank-Walter Steinmeier, forderte Aufklärung von Bayerns Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU), wann und auf welchem Weg er vom Fall Hoeneß erfahren habe. „Warum ausgerechnet hat sich der bayerische Ministerpräsident so lange für das Deutsch-Schweizer Steuerabkommen eingesetzt?“, fragte Steinmeier in Berlin. „Sind möglicherweise aus der CSU an Herrn Hoeneß Informationen geflossen, dass und wann das Deutsch-Schweizer Steuerabkommen scheitern würde?“ Er wolle auch wissen, ob FC-Bayern-Präsident Hoeneß zu den Spendern der CSU gehöre. Diese Fragen werde die SPD noch in dieser Woche im Bundestag stellen.

Seehofer wurde von seinem Finanzminister Markus Söder über den Fall Hoeneß und die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den Bayern-Präsidenten informiert. Ein Sprecher des bayerischen Finanzministeriums sagte: „Finanzminister Söder hat den Ministerpräsidenten nachrichtlich über die Tatsache informiert, dass gegen Herrn Hoeneß ermittelt wird.“ Das sei „gegen Ende Januar“ gewesen, als das Verfahren von der Steuerbehörde an die Staatsanwaltschaft abgegeben wurde. Also kurz nach der Selbstanzeige des Fußballmanagers. Es habe sich um eine generelle Information für den Chef der Staatsregierung gehandelt, Details wie die Höhe der Steuerhinterziehung oder die strafrechtlichen Vorwürfe seien dabei nicht mitgeteilt worden. Dass damit das Steuergeheimnis oder die Abgabenordnung verletzt werden könnten, sei nicht der Fall.

Unterstützung erhält Hoeneß von Nationalspieler Lukas Podolski

Ende 2012 scheitert das Steuerabkommen mit der Schweiz. Wenn das Abkommen wie Anfang Januar in Kraft getreten wäre, hätten sich Steuerbetrüger nicht vor dem Finanzamt offenbaren müssen. Das auf Schweizer Bankkonten gebunkerte Alt-Schwarzgeld sollte rückwirkend für zehn Jahre einmalig besteuert werden – anonym und pauschal zu Sätzen zwischen 21 und 41 Prozent auf das unversteuerte Kapital. Der Staat erhoffte sich daraus zehn Milliarden Euro.

Der Fall zeige, wie mangelhaft die Regierung das Abkommen ausgehandelt habe, schrieb SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück auf Facebook. „Manchmal ist Kavallerie besser als Diplomatie“, spielte er auf seine frühere Äußerung an, man solle beim Thema Steuerhinterziehung die Kavallerie gegen die Schweiz rufen. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) antwortete prompt: „Über ein Steuerabkommen mag man in der Sache diskutieren, aber wer in Europa der Kavallerie den Vorzug gibt vor der Diplomatie, liegt grundfalsch.“

Hoeneß selbst teilte zwar mit, er werde erst mal „einige Wochen ins Land ziehen lassen, ehe ich mich äußere“. Aber dann äußerte er sich doch: „Gegen Barcelona bin ich auch wieder im Stadion.“ Und bei der Gelegenheit drohte er auch: Einige Medien würden schon in Bälde Post von seinen Anwälten bekommen, wegen der „Exzesse“ in ihrer Berichterstattung.

Die HypoVereinsbank, die 2012 eine Werbekampagne mit Hoeneß unter dem Motto „Wo sich Geld jetzt wohlfühlt“ geschaltet hatte, wollte sich zu dem Fall nicht äußern. Die Zürcher Privatbank Vontobel erklärte, man äußere sich grundsätzlich nicht dazu, wer Kunde sei und wer nicht. Rückendeckung erhielt Hoeneß von Nationalstürmer Lukas Podolski. „Ich finde es nicht in Ordnung, dass viele über einen Menschen, der so viel Gutes für andere und Traditionsvereine getan hat wie Uli Hoeneß, so früh urteilen“, klagte er auf seiner Facebook-Seite. „Wir machen alle Fehler, genauso ich wie Ihr auch! In dem Sinne, Euer Poldi.“