Seit dem Wochenende gibt es Spekulationen, dass Kristina Schröder zugunsten ihrer Tochter Lotte Marie auf das Berliner Kabinett verzichten will. Ihre Quotenpläne scheiterten, sie ist unbeliebt.

Hamburg. Ist das Power-Paar der Bundespolitik – Familienministerin Kristina Schröder (CDU) und ihr aus Pinneberg stammender Mann Ole Schröder (CDU), Staatssekretär im Innenministerium – gerade dabei, seine Karrierewege neu auszurichten? Auffällig oft blickte Ole Schröder am Freitag bei einer Konferenz rund um Bürgerbeteiligung und das Projekt Fehmarnbelt-Tunnel in der dänischen Botschaft auf sein Smartphone. Der dänische Chefgesandte Per Poulsen-Hansen sitzt neben ihm, daneben Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD). Schröder aber lässt sein Smartphone nicht aus den Augen. Waren es Vorboten der am Wochenende aufgekommenen Spekulationen um einen Rückzug seiner Frau aus dem Kabinett? Familienministerin Schröder will offenbar ihr Ministerinnenamt gegen die Mutterrolle tauschen und sich vorrangig um Lotte Marie kümmern.

Lotte Marie kam am 30. Juni 2011 zur Welt. Schröder war die erste Ministerin, die im Amt Mutter wurde. Bislang kümmern sich außer Ole und Kristina Schröder auch die Großeltern um das Kind. Nach Informationen der „Bild am Sonntag“ will Kristina Schröder unabhängig vom Ausgang der Bundestagswahl am 22. September nicht mehr dem Bundeskabinett angehören. Wie aus der hessischen CDU-Führung zu hören sei, wolle sich Kristina Schröder der Familie widmen. Ein politischer Freund Schröders erklärte dem Blatt, der Spagat zwischen Ministerium und Muttersein sei „sehr hart“, mit einem weiteren Kind würde es noch komplizierter. Schröder aber sei „Muttersein wichtiger als ihr Ministeramt“. Ein Sprecher des Ministeriums wollte zu den Angaben zunächst keine Stellung nehmen.

Schröder, die einst von Ministerpräsident Roland Koch gefördert wurde und nach dem Proporz-Prinzip nach dem Ausscheiden von Franz Josef Jung Ministerin in Berlin wurde, ist nicht mehr die Nummer eins der hessischen Landesliste für die Bundestagswahl. Das steht seit einigen Wochen fest. Dabei ist sie die ranghöchste CDU-Politikerin des Landes auf Bundesebene.

Aber nach Informationen aus der Union will Landeschef und Ministerpräsident Volker Bouffier erneut den früheren Verteidigungs- und Arbeitsminister Jung als Nummer eins vorschlagen. Bouffier soll die Kandidatur zunächst Schröder angeboten haben. Doch sie habe nach langem Hin und Her verzichtet. Dabei soll eine Rolle gespielt haben, dass Schröder für eine Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften eintritt. Die Homo-Ehe wird aber von der CDU in Hessen sowie im Bund abgelehnt.

Für Kristina Schröder ist dies ein weiterer Puzzlestein in einer Ablehnungsfront, die ihr gegenübersteht. Gerade erst hat die CDU auf Druck von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen beschlossen, eine feste gesetzliche Frauenquote in ein künftiges Wahlprogramm aufzunehmen. Das ist ein Schlag gegen Schröders freiwillige Flexi-Quote, von der zunächst auch Bundeskanzlerin Angela Merkel überzeugt war. Doch Merkel beugte sich offenbar dem Druck von der Leyens, die zwar auch verlor, weil sie im Bundestag gegen die von ihr favorisierte Lösung stimmte. Doch von der Leyen macht sich nach wie vor Hoffnungen auf eine weitere Beteiligung an einem Bundeskabinett, sollte die Union die Wahl gewinnen. Bei einer Großen Koalition nach dem 22. September hätte außerdem von der Leyen eine größere Chance auf einen Kabinettsplatz als Schröder. Diese wahltaktischen Überlegungen werden auch Schröder nicht fremd sein.

Dazu kommt: Laut einer Emnid-Umfrage für „Bild am Sonntag“ würde eine Mehrheit der Deutschen Kristina Schröder als Ministerin nach der Wahl nicht vermissen. 56 Prozent der Bundesbürger halten Schröder für keine erfolgreiche Ministerin, für 27 Prozent ist sie erfolgreich. Bei den Frauen sind sogar nur 22 Prozent von ihr überzeugt, 55 Prozent nicht. Bei bei den Unionsanhängern halten 36 Prozent Schröder für erfolgreich, 49 Prozent nicht.

Nicht einmal die Unternehmen heißen Schröders Flexi-Quoten-Pläne gut. Um zu unterstreichen, dass man beim Thema Frauen in Führungspositionen jetzt getrennt marschiert, veröffentlichen die 30 größten börsennotierten Unternehmen in diesem Jahr nicht wie üblich mit der Ministerin den Statusbericht über die Fortschritte bei der Frauenförderung. Die Personal-Vorstandsfrau von E.on, Regine Stachelhaus, sagte der „Welt am Sonntag“, dass die Vorlage eines Statusberichts auf die Initiative der Wirtschaft und nicht der Regierung zurückgehe. „Dass die DAX-30-Unternehmen den Statusbericht in diesem Jahr nicht mit Frau Schröder präsentieren, zeigt nur, dass dies unser eigenes unternehmerisches Thema ist“, so die Managerin: „Wir sitzen im Cockpit und bleiben dort auch.“ Im Familienministerium heißt es, es sei die Ministerin selbst gewesen, die einen erneuten gemeinsamen Auftritt abgelehnt hatte.