Im Streit um einen gesetzlichen Anteil weiblicher Vorstände und Aufsichtsräte soll es einen Kompromiss geben. Doch selbst der kann noch kippen.

Berlin/Hamburg. In letzter Minute hat die Union eine drohende Spaltung und Abstimmungsniederlage beim Thema Frauenquote und damit womöglich ein Platzen der schwarz-gelben Regierungskoalition verhindert. Die CDU-Spitze einigte sich darauf, dass eine gesetzliche Quote für Aufsichtsräte von börsennotierten und mitbestimmungspflichtigen Betrieben 2020 kommen soll. Damit wird der bisherige Kurs einer auf Freiwilligkeit setzenden „Flexi-Quote“ geändert, der einen 30-prozentigen Frauenanteil in Vorständen und Aufsichtsräten vorsieht. Im Gegenzug geht man nach Angaben von CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe nun davon aus, dass die Abweichlerinnen in der Fraktion am Donnerstag im Bundestag nicht für einen Antrag des rot-grün dominierten Bundesrates für eine gesetzliche Regelung stimmen werden. Dies soll nun in Gesprächen etwa mit Unions-Fraktionschef Volker Kauder geklärt werden.

Zu den Abweichlerinnen gehörte auch Arbeitsministerin Ursula von der Leyen, die laut Gröhe dem Kompromiss im Vorstand zustimmte. Man sei der Frauen-Union entgegengekommen, die eine konkretes Ziel für eine verbindliche Quote gefordert hatte. Nun sei mit CSU-Chef Horst Seehofer vereinbart worden, dass die Forderung in das Unions-Wahlprogramm aufgenommen werde. „Dies wurde bei zwei Gegenstimmen und einer Enthaltung so beschlossen.“ Vor allem der CDU-Wirtschaftsflügel hatte in der Debatte Einwände gegen diese Lösung. Gröhe mahnte nach dem Kompromiss nun Geschlossenheit an. „Zum Geist dieser Diskussion gehört auch die Erwartung, dass wir in der Union im Parlament geschlossen und gemäß der Koalitionsabsprachen agieren“, sagte er.

Zuvor hatte FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle die Union gemahnt, zu den Absprachen in der Regierung zu stehen. „Die eiserne Grundregel jeder Koalition ist: Es gibt keine wechselnden Mehrheiten“, sagte Brüderle nach einer Fraktionsklausur. Vor der Abstimmung am Donnerstag hatten mehrere Abgeordnete der Unions-Fraktion angekündigt, für einen Gesetzentwurf des SPD-regierten Hamburg zu stimmen. Zu möglichen Abweichlern in den eigenen Reihen sagte Brüderle, ihm seien zwei Personen in seiner Fraktion bekannt, die erwögen, für den Gesetzentwurf zu stimmen.

Vor allem Arbeitsministerin von der Leyen, die seit Langem eine offene Verfechterin der Frauenquote ist, war gemahnt worden, nicht gegen die eigene Koalition zu stimmen. Vor der Sitzung der CDU-Gremien hatte etwa Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht gesagt: „Ich bin der Meinung der Koalition und werbe, dass die Koalition auch eine entsprechende Mehrheit hat.“ Ähnlich äußerte sich die stellvertretende Parteivorsitzende Julia Klöckner. Der Bundesrat hatte seinen Gesetzentwurf mit den Stimmen zweier CDU-Länderregierungen (Thüringen und Saarland) beschlossen und in den Bundestag eingebracht.

Der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete Jürgen Klimke hat derweil eine fraktionsübergreifende Lösung gefordert. „Ein von Befürwortern aus allen Fraktionen eingebrachter Gruppenantrag, der ohne Fraktionszwang abgestimmt wird, könnte eine konstruktive Lösung sein, eine feste Frauenquote in Aufsichtsräten zu erreichen“, sagte Klimke dem Abendblatt. „Ich bin ein Befürworter einer festen Frauenquote für Aufsichtsräte, ähnlich dem Gesetzentwurf des Bundesrates oder noch darüber hinausgehend“, so Klimke. Allerdings müsse auf die Bedürfnisse des Koalitionspartners FDP Rücksicht genommen werden. „Es darf zu keinem Koalitionsbruch kommen.“

Für Klimke ist eine verpflichtende Quote „eine Frage des Gleichheitsgrundsatzes“. Eine feste Quote fungiere als Eisbrecher, denn sie ermögliche Frauen den Einstieg in Führungspositionen. „Sie setzt gesetzlich etwas durch, das im Ergebnis dazu führt, dass Frauen in wirtschaftlich verantwortlichen Positionen selbstverständlich werden und damit eine Quote überflüssig machen“, sagte Klimke. Die Quote würde Frauen ermutigen, sich zu bewerben und aktiver Verantwortung in Unternehmen anzustreben.

Die Hamburger Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) sagte dem Abendblatt: „Wir haben bewusst einen Gesetzentwurf vorgelegt, der parteiübergreifend unterstützt werden kann. Wir diskutieren die Quote jetzt seit vielen Jahren. Ohne sie wird es in absehbarer Zeit keine Gleichberechtigung in Führungsgremien geben.“ Jetzt sei es an der Zeit, den Worten Taten folgen zu lassen. „Es ist keine Lösung, die Einführung der Quote zu verschieben. Damit ist niemandem geholfen.“