EU-Kommission begrüßt Kompromiss bei Frauenquote. Verbände appellieren an Unions-Abgeordnete. SPD dringt auf Freigabe der Abstimmung.

Berlin/Brüssel. „Ich freue mich sehr, dass auch meine christdemokratischen Parteifreunde in Deutschland für eine Frauenquote in Aufsichtsräten eintreten“, twitterte EU-Justizkommissarin Viviane Reding. Die Luxemburgerin hatte die Frauenquote für Aufsichtsräte vorgeschlagen – und damit ihre Parteifreunde in Deutschland in einen verbitterten Streit der Überzeugungen gestürzt. Der Druck auf die Abweichlerinnen in der CDU war in den vergangenen Tagen enorm gestiegen. Ihre Ankündigung, am Donnerstag bei einer Abstimmung im Bundestag über eine Gesetzesvorlage zur Einführung einer Quote gegen die Parteilinie und mit der Opposition für die Frauenquote zu stimmen, hatte die christdemokratische Fraktionsführung in Aufruhr versetzt.

Mühsam hatte die CDU einen Kompromiss in Sachen Frauenquote in Aufsichtsräten gefunden. Statt der vorgeschlagenen verbindlichen Quote von zunächst 20 Prozent ab 2018 und später 40 Prozent wollen die Christdemokraten die Forderung nach 30 Prozent Frauenanteil ab 2020 ins Programm für die Bundestagswahl im September aufnehmen. „Frauenpower zwischen Berlin, Brüssel, Hannover und Saarbrücken sei Dank!“, ist Viviane Redings Kommentar dazu auf Twitter. Aber die Frage, die alle umtreibt, ist die: Reicht dieser Kompromiss, um die Befürworterinnen einer gesetzlichen Regelung in den Reihen der Union davon abzuhalten, am Donnerstag gegen die Partei zu stimmen? Und was macht Ursula von der Leyen? Die Arbeitsministerin ist eine Verfechterin der festen gesetzlichen Quote. Wie sie am Donnerstag abstimmt, ist noch nicht ausgemacht.

Die SPD dringt auf eine Freigabe der Abstimmung. „Frau Merkel und Herr Kauder sollten die Abstimmung freigeben“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, zu „Spiegel online“. „Sie dürfen niemanden, erst recht nicht die Frauen in der Union, zwingen, in dieser Frage gegen das eigene Gewissen zu stimmen.“

Führende Frauenverbände schrieben an die Bundestagsabgeordneten, freiwillige Selbstverpflichtungen hätten sich als ungeeignet erwiesen, nun müssten verbindliche Regelungen den grundgesetzlich verbrieften Anspruch von Frauen auf gleiche Teilhabe ermöglichen. Unterschrieben haben unter anderem der Deutsche Juristinnenbund, und der Deutsche LandFrauenverband.

Die FDP reagierte reserviert. „Wir nehmen die Debatte in der CDU-Führung zur Kenntnis“, sagte FDP-Generalsekretär Patrick Döring. Die FDP setzt auf Freiwilligkeit statt auf Zwang. Aber offenbar ist man in der Frage auch bei den Liberalen nicht einig. Die FDP-Europapolitikerin Silvana Koch-Mehrin appellierte an die Frauen in der FDP-Bundestagsfraktion: „Diejenigen, die Gleichberechtigung für ein Anliegen der modernen Gesellschaft halten, sollten dem Gesetzentwurf zustimmen.“

Die Unions-Fraktionsspitze pocht auf Koalitionsdisziplin. „Ich bin zuversichtlich, dass wir ein geschlossenes Auftreten in der Abstimmung haben werden“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer Michael Grosse-Brömer. Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), die im Bundesrat noch mit den SPD-Ländern gestimmt hatte, schwor die Koalitionsfraktionen auf ein „Nein“ im Bundestag ein.