Söder-Sprecherin Ulrike Strauß soll Berichterstattung beeinflusst haben. Bayerischer Rundfunk und Söder weisen Zusammenhänge zurück.

München. Die CSU hat offenbar nicht nur über ihren inzwischen zurückgetretenen Sprecher Hans Michael Strepp Druck auf Journalisten ausgeübt. Einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ zufolge, beschwerte sich im März 2011 die Sprecherin des damaligen bayerischen Umweltministers Markus Söder (CSU), Ulrike Strauß, beim Bayerischen Rundfunk über einen kritischen Beitrag. Der Sender strahlte den Beitrag nicht mehr aus. Die Opposition sieht in dem Vorfall eine weitere Attacke auf die Medienfreiheit in Bayern.

Strauß bestätigte auf dapd-Anfrage am Samstag zwar den Anruf, stellte aber klar, dass dieser erst nach der Ausstrahlung des Beitrags erfolgt sei. Gleichzeitig betonte sie, sie habe „keinen Auftrag“ für den Anruf beim Bayerischen Rundfunk (BR) gehabt. Sie habe darüber auch niemanden informiert. Ihren Pressesprecher-Kollegen Thomas Neumann ließ sie erklären, dass sie „aus journalistisch-fachlichen Gründen“ festgestellt habe, dass dieser Beitrag „nicht sachgerecht“ sei.

Söder selbst verteidigte laut einem Vorabbericht der „Bild am Sonntag“ seine Sprecherin. Eine Vergleichbarkeit mit dem Fall Strepp sehe er nicht, da die „Anregung“ nach Ausstrahlung des Beitrags erfolgt sei, betonte der heutige Finanzminister. Dies sei „Alltag zwischen Sprechern und Medien“. Zudem stellte er klar, dass er von dem Anruf nichts gewusst habe: „Der Anruf erfolgte ohne Auftrag und ohne mein Wissen.“ Strauß ist heute Söders Sprecherin im Finanzministerium.

BR weist Einflussnahme entschieden zurück

Auch der BR wies am Samstag in einer Stellungnahme entschieden den Eindruck zurück, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Anruf der Sprecherin und der Programmentscheidungen gegeben habe. Die Zusammensetzung der Nachrichten sei aus „rein journalistischen Maßstäben“ gefolgt. Aus Gründen der Aktualität sei „der Kurswechsel der bayerischen Regierung in der Atompolitik anhand eines längeren Debattenstücks aus dem Landtag thematisiert“ worden. Der BR verwahre sich „gegen jegliche Versuche, politische Interessen im Programm durchzusetzen“.

Der Chefredakteur des Bayerischen Fernsehens, Sigmund Gottlieb, betonte, Strauß habe sich zunächst beim Dienstchef der Nachrichtensendung „Rundschau“ gemeldet und kritisiert, die Bildauswahl im Beitrag sei „nicht rein nachrichtlich“ gewesen. Strauß habe wissen wollen, ob der Beitrag nochmals ausgestrahlt werde. Anschließend habe sie den Redaktionsleiter angerufen. Dabei habe die Sprecherin aber nicht gefordert, auf eine Ausstrahlung zu verzichten.

Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte zuvor geschrieben, der Fernsehbericht sei aus dem Programm genommen worden, nachdem Strauß sich darüber beschwert hatte. Der Beitrag beschäftigte sich den Angaben zufolge sechs Tage nach der Katastrophe von Fukushima mit Äußerungen des damaligen bayerischen Umwelt- und heutigen Finanzministers Söder zur Sicherheit des Atomkraftwerks Isar I. Der BR habe Äußerungen des CSU-Politikers aus der Zeit vor dem Reaktorunglück gezeigt, wie sicher diese Anlage sei – und im Gegensatz dazu eine Äußerung Söders nach Fukushima gestellt, Isar I sei doch nicht ausreichend gesichert.

Opposition sieht in Vorfällen „Zustände wie in Bananenrepublik“

Für den parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, zeigt der Anruf von Strauß, dass „der Fall Strepp kein Einzelfall ist“. Die CSU sei „schlicht zu lange an der Macht und benimmt sich, als ob Land, Leute und auch die Medien ihr gehörten“. Dies seien „Zustände wie in einer Bananenrepublik“. Oppermann forderte die CSU auf, „ihr gestörtes Verhältnis zur Pressefreiheit“ grundsätzlich neu zu klären.

Die Grünen im bayerischen Landtag forderten eine Stellungnahme von Söder und CSU-Chef Horst Seehofer zu den aktuellen Vorwürfen der Einflußnahme auf Berichterstattung. Der Fall Strauß zeige, dass sich das „System CSU“ nicht geändert habe, sagte Fraktionschefin Margarete Bause und betonte: „Es sieht so aus, als sei die Strepp-Affäre nur die Spitze des Eisbergs.“ Die „skandalösen Einschüchterungsversuche“ müssten auch im Rundfunkrat auf den Tisch.

FDP-Fraktionschef Thomas Hacker betonte, jede Redaktion sollte sich nach den Vorfällen um Strepp und Strauß ermutigt fühlen, „solche und ähnliche Drohanrufe künftig sofort öffentlich zu machen“. Man erkenne an solchen Anrufen „das sehr eigene Staatsverständnis der CSU“. Die Partei agiere nach dem Motto „bevormunden, beeinflussen, drangsalieren“.

Strepp hatte am vergangenen Sonntag in der „heute“-Redaktion angerufen. Dabei versuchte er dem ZDF zufolge, einen Bericht in der Hauptnachrichtensendung um 19 Uhr über den Landesparteitag der bayerischen SPD in Nürnberg und die Nominierung von Münchens Oberbürgermeister Christian Ude zum SPD-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2013 zu verhindern. Strepp hat diese Darstellung bestritten, trat aber am Donnerstag zurück.