Sender soll nach Anruf aus dem Ministerium einen Bericht über Söder aus dem Programm genommen haben. Sprecherin bestreitet Einflussnahme.

Berlin. Nach dem Anruf des zurückgetretenen CSU-Sprechers Hans Michael Strepp beim ZDF ist eine weitere Intervention aus dem CSU-Umfeld beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen bekanntgeworden. Im März 2011 rief die Sprecherin des damaligen Umweltministers Markus Söder (CSU) beim Bayerischen Rundfunk an, weil sie einen Bericht der BR-Nachrichtensendung Rundschau über Söder im Zusammenhang mit der Reaktorkatastrophe von Fukushima als „nicht sachgerecht„ empfand. In einer späteren Ausgabe der Sendung wurde der Beitrag durch einen anderen ersetzt, wie die „Süddeutsche Zeitung“ am Samstag weiter berichtete. Söders Sprecherin Ulrike Strauß bestätigte in der „Welt am Sonntag“ den Anruf, betonte aber, sie habe keinen Einfluss genommen. Nach Darstellung des BR hatte Strauß nicht nur in der Redaktion angerufen, sondern auch den Redaktionsleiter der Sendung an seinem freien Tag zu Hause.

Strauß handelte nach eigenen Worten aus eigenem Antrieb und ohne Anweisung. „Ich hatte keinen Auftrag und habe niemanden informiert“, sagte die Sprecherin der „Welt am Sonntag“ laut Vorabbericht. „Außerdem hat der BR bestätigt, dass kein Einfluss genommen wurde.“ Söder ist inzwischen Finanzminister, seine Sprecherin nahm er beim Wechsel in das neue Ressort mit.

Der „Süddeutschen Zeitung“ zufolge zeigte der BR am 17. März 2011 – sechs Tage nach dem Reaktorunglück von Fukushima – in der Rundschau um 16.45 Uhr einen Beitrag, der sich mit Äußerungen Söders über die Sicherheit des bayerischen Atomkraftwerks Isar I befasste. Der BR habe Äußerungen Söders aus der Zeit vor dem Reaktorunglück gezeigt, dass die Anlage sicher sei – und eine Äußerung nach dem Unglück, dass Isar I doch nicht so sicher sei. Der Beitrag habe leicht spöttisch „ein erstaunlicher Minister„ geendet. In der zweiten Sendung um 18.45 Uhr sei der Beitrag durch einen Nachrichtenfilm über die Regierungserklärung Söders vom selben Tag zum Reaktorunglück ersetzt worden.

Der BR erklärte laut „Süddeutscher Zeitung“, der erste Bericht sei allein aus journalistischen Gründen aus dem Programm genommen worden. Es habe sich um einen Beitrag mit Magazin-Charakter gehandelt und nicht um einen klassischen Nachrichtenfilm. Zwischen beiden Sendungen lagen die Anrufe der Söder-Sprecherin Strauß, die laut Zeitungsbericht zunächst beim Chef vom Dienst der Sendung und daraufhin beim Redaktionsleiter Peter Marder anrief, der an seinem freien Tag zu Hause gewesen sei. Marder habe geantwortet, er werde mit der Redaktion reden. Eine Forderung, den Beitrag zu kippen, habe es nicht gegeben. „Im Übrigen habe ich mir verbeten, dass sie mich zu Hause anruft“, zitierte die „Süddeutsche Zeitung“ Marder.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD im Bundestag, Thomas Oppermann, warf der CSU ein „gestörtes Verhältnis zur Pressefreiheit“ vor. „In Bayern soll nur berichtet werden, was der CSU gefällt“, erklärte Oppermann. „Der Anruf offenbart, dass der Fall Strepp kein Einzelfall ist.“ Der CSU-Parteisprecher war am Donnerstag zurückgetreten. Ihm wurde vorgeworfen, er habe mit einem Anruf beim ZDF eine Berichterstattung über den bayerischen SPD-Parteitag verhindern wollen. Nach Darstellung der CSU handelte auch Strepp im Alleingang ohne Kenntnis seines Vorgesetzen, des CSU-Generalsekretärs Alexander Dobrindt.

Die Linkspartei bezeichnete die CSU „als Bedrohung für die Pressefreiheit“. „Dass die CSU-Führung vom Treiben der Pressesprecherinnen und Pressesprecher nichts weiß, glaubt sie doch selbst nicht“, erklärte der Vizefraktionschef im Bundestag, Ulrich Maurer. Grünen-Parteichefin Claudia Roth sagte der „Bild am Sonntag“, mit dem Rücktritt von Strepp seien Parteichef Horst Seehofer und Dobrindt nicht aus der Verantwortung entlassen.

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt erklärte den Fall Strepp für beendet. „Es handelt sich um das Fehlverhalten eines einzelnen Mitarbeiters“, sagte sie dem Berliner „Tagesspiegel am Sonntag“.