Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt wettert gegen Ministerin von der Leyen und ihre Rentenpläne. Die Debatte sei „populistisch”.

Berlin. Steigende Strompreise, Wachstumsimpulse und das Dauerthema Rente bestimmten die politische Debatte beim Arbeitgebertag in Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach sich für höhere Reallöhne aus, um die Binnennachfrage anzukurbeln und mit Wachstum gegen die Euro-Krise anzukämpfen.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt nahm Merkel in die Pflicht, in der Rentenfrage ein Machtwort zu sprechen. Er bestritt, dass in Deutschland der Anteil der Arbeitnehmer mit Niedriglohn gewachsen sei. Die Debatte sei "populistisch". Richtig sei, dass die absolute Zahl der Niedriglohnbezieher zugenommen habe. "Aber nicht etwa, weil gut bezahlte Arbeitnehmer abgerutscht sind, sondern weil es glücklicherweise in den letzten Jahren gelungen ist, die Arbeitslosigkeit auch von immer mehr besonders benachteiligten Menschen zu beenden." Es gehe darum, Menschen ohne Ausbildung, Langzeitarbeitslosen und Menschen, die noch nie gearbeitet hätten, einen Einstieg in Arbeit zu erlauben, aber über einfache Arbeit mit niedrigem Lohn.

Deshalb lehnen die Arbeitgeber auch die geplante Zuschussrente der Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vehement ab. Hundt sagte: "Wer heute noch glaubt, Altersarmut vor allem über das Rentensystem vermeiden zu können, der weckt Erwartungen, die mit Sicherheit nicht zu halten sind." Arbeit und Eigenvorsorge seien die Mittel gegen Altersarmut. Anstelle einer Zuschuss- oder Solidarrente sei ein Ausbau der privaten und betrieblichen Altersvorsorge nötig. "Ich setze auf Herrn Steinbrück, dass er seine Partei vor solchen Irrwegen bewahrt. Und ich setze auf Sie, Frau Merkel, dass Sie diese Frau stoppen", sagte Hundt.

Merkel verteidigte die Überlegungen der Bundesregierung gegen drohende Altersarmut. Wer dauerhaft unter zehn Euro pro Stunde verdiene, werde eine Rente unterhalb der Grundsicherung erhalten. Das gelte vor allem für jene, die 45 Jahre eingezahlt hätten. "Das geht politisch nicht", sagte Merkel. Gleichzeitig zeigte sich die Bundeskanzlerin offen für die Forderung der Arbeitgeber, per Gesetz zur Tarifeinheit zurückzukehren und den Einfluss kleiner Spartengewerkschaften damit zurückzudrängen. Es müsse "doch binnen eines Abends möglich sein, ein Gesetz über die Tarifeinheit hinzubekommen". Streiks kleinerer Gewerkschaften hatten zuletzt im Luft- oder im Schienenverkehr erhebliche Auswirkungen gehabt. "Mittlerweile haben sich weitere neue Spartengewerkschaften gebildet, es haben sich - schneller, als wir es für möglich gehalten haben - tarifwidrige Arbeitskämpfe trotz bestehender Tarifverträge abgespielt", so Hundt.

Für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier begann bei den Arbeitgebern der Wahlkampf. Er versuchte sich als verlässlicher Partner mit großer Regierungserfahrung zu positionieren, auch wenn der Kanzlerkandidat der Genossen Peer Steinbrück werden wird. Steinmeier begann seine Rede mit der Bemerkung, er repräsentiere eine "Partei mit der Aussicht zu regieren". Er betonte die Gemeinsamkeiten mit den Arbeitgebern und forderte, sich nicht zu "scharen um die alten Lagerfeuer und die alten Lieder zu singen". Steinmeier spottete über die "messianische Heilserwartung", die an die schwarz-gelbe Koalition am Anfang gerichtet worden sei. Er äußerte die Erwartung, dass die SPD in 350 Tagen die Regierung übernimmt.