Plan von Ministerin von der Leyen löst Streit über Wege aus der Altersarmut aus. Opposition und Sozialverbände sind gegen ihren Plan.

Berlin/ Düsseldorf/Passau. Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstützt Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (beide CDU) in ihrem Kampf gegen Altersarmut. „Es ist ganz richtig, dass die Arbeits- und Sozialministerin den Blick auf das Problem der Altersarmut wirft“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Dieses Thema müsse sehr umfassend betrachtet werden. Nun müsse darüber geredet werden, ob die angedachte Zuschussrente von der Leyens „diese systematische Antwort sein kann“.

+++Wirtschaftspolitiker der Union weiter gegen Zuschussrente+++

+++Von der Leyen kämpft für die Zuschussrente+++

Kritik am Konzept der Zuschussrente kommt nicht nur aus den Reihen der FDP, sondern auch von Unions-Abgeordneten. Am Mittwoch will sich von der Leyen mit Vertretern der Jungen Gruppe von CDU und CSU im Bundestag treffen, um Bedenken auszuräumen.

Ein Sprecher des Arbeitsministeriums betonte, es handle sich nicht um ein Problem, das nur Randgruppen betreffe. Berechnungen des Arbeitsministeriums zufolge müssten Arbeitnehmer 2.500 Euro brutto im Monat verdienen und 35 Jahre Vollzeit arbeiten, um wenigstens eine Rente in Höhe des Grundsicherungsbetrags von 688 Euro zu erhalten. Hintergrund für das steigende Altersarmutsrisiko ist die Rentenreform, nach der das Rentenniveau bis 2030 von derzeit 51 Prozent auf 43 Prozent des durchschnittlichen Nettolohns vor Steuern sinkt.

Der Sprecher unterstrich jedoch, dass von der Leyen an der Senkung des Rentenniveaus grundsätzlich festhalten wolle. Dies zurückzudrehen, würde zulasten der jungen Generation gehen. Vielmehr müsse privat Vorsorge geleistet werden.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) stößt mit ihrer geplanten Zuschussrente gegen Altersarmut in allen Parteien und bei den Sozialverbänden auf Widerstand. In der CDU bekräftigten jüngere Abgeordnete und der Wirtschaftsflügel der Union ihre Kritik. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), Sozialverbände und SPD sprachen am Montag von einem untauglichen Versuch von der Leyens, das Problem der drohenden Altersarmut in breiten Bevölkerungskreisen in den Griff zu bekommen.

Nach neuen Zahlen aus dem Bundesarbeitsministerium droht Millionen Durchschnittsverdienern der Absturz in die Sozialhilfe, wenn sie von 2030 an in den Ruhestand gehen und nicht privat vorgesorgt haben. Grund ist die 2000 beschlossene Absenkung des Rentenniveaus bis 2030 von derzeit 51 Prozent auf 43 Prozent des durchschnittlichen Nettolohns. Von der Leyen wirbt für ihr Modell einer Zuschussrente aus der beitragsfinanzierten Rentenkasse, mit der Mini-Altersbezüge bis auf 850 Euro aufgestockt werden sollen.

Der Bundesvorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder, warnte im ZDF davor, der Rentenversicherung eine weitere Sozialleistung aufzubürden. Dadurch würden gerade die jungen Beitragszahler zusätzlich belastet. Der CDU-Abgeordnete Jens Spahn sagte dem Bayerischen Rundfunk, die Jüngeren müssten „heute schon mehr in die Rentenversicherung einzahlen als jede andere Generation vor ihnen“. Spahn: „Jeder will ja was gegen Altersarmut tun, aber dann bedeutet das, dass die Jüngeren noch einmal mehr zahlen müssen für zusätzliche Leistungen.“

Unions-Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU) bekräftigte den Widerstand der CDU-Wirtschaftspolitiker. „Die Bekämpfung von Altersarmut ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie muss aus Steuermitteln und darf nicht mit dem Geld der Beitragszahler finanziert werden“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Montag). Notfalls müsse der Bundeszuschuss zur Rentenversicherung erhöht werden.

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach machte in der „Passauer Neuen Presse“ (Montag) die Absenkung der Rentenniveaus sowie die Zunahme prekärer Beschäftigung für die drohende massenhafte Altersarmut verantwortlich. Da helfe auch von der Leyens Zuschussrente nicht. Bei der Zuschussrente seien die Hürden so hoch, „dass sie kaum jemand in Anspruch nehmen kann“. Der DGB forderte, auf die von der Koalition beschlossene Senkung des Rentenbeitrags zu verzichten und die Überschüsse in der Rentenkasse zu einer Demografie-Reserve auszubauen.

SPD-Fraktionsvize Elke Ferner bezeichnete in der „Saarbrücker Zeitung“ das Konzept von der Leyens als untauglich im Kampf gegen die Altersarmut. „Wegen der hohen Zugangshürden wird kaum jemand die Zuschussrente bekommen. Außerdem schafft sie neue Ungerechtigkeiten, weil viele Leute, die lange Vollzeit gearbeitet haben, am Ende auch nicht mehr Rente bekommen.“ Als Alternative diskutiere die SPD die Beibehaltung des jetzigen Rentenniveaus von 51 Prozent des Durchschnittlohns. Das hätte allerdings auch eine schnellere Anhebung der Rentenbeiträge als ursprünglich geplant zur Folge, räumte Ferner ein.

FDP-Generalsekretär Patrick Döring sagte im NDR, mit der Zuschussrente befinde sich von der Leyen auf dem Holzweg. „Die Idee bedeutet, dass innerhalb des Rentensystems Umverteilung beginnen soll, also gut verdienende Beitragszahler bekommen nicht mehr die gleichen Rentenversprechen für ihre Einzahlungen, um am Ende Rentenanwartschaften für Geringverdiener mit gebrochenen Erwerbsbiografien zu finanzieren. Das kann es nicht sein.“

Die Arbeiterwohlfahrt warf der Bundesregierung vor, trotz der verheerenden Rentenprognosen immer noch kein schlüssiges Konzept gegen Altersarmut zu haben. Die Zuschussrente, die nach den Vorstellungen von der Leyens nur dann ausbezahlt werden soll, wenn zugleich private Vorsorge erfolgt ist, sei keine Lösung, sagte AWO-Vorsitzende Wolfgang Stadler. „Eine stärkere private Vorsorge gerade von denjenigen zu fordern, die jetzt schon wenig verdienen und damit wenig zum Leben haben, zeigt absolute Naivität.

Mit Material von dapd und dpa