Millionen Beschäftigte setzen auf die Gesetzliche Rentenversicherung - obwohl sie den gewohnten Lebensstandard schon lange nicht mehr garantieren kann.

Berlin. Die gesetzliche Rente soll die Anerkennung der Lebensleistung sein – und die Existenz im Alter sichern. So jedenfalls war es ursprünglich gedacht. Doch sie kann das auf lange Sicht immer seltener, weil sich die wirtschaftlichen und gesetzlichen Rahmenbedingungen geändert haben. Jetzt schlägt selbst die zuständige Ministerin Alarm. Fragen und Antworten zu einem hochkomplexen Thema.

Wie viele arme Rentner gibt es heute?

Derzeit ist Altersarmut noch kein Massenphänomen. Nur gut zwei Prozent der gut 20 Millionen Rentner sind auf staatliche Unterstützung, auf die „Grundsicherung im Alter“, angewiesen. Ihre Rente deckt nicht das Existenzminimum ab. Doch die Zahl – das ist jetzt schon klar – wird steigen, wenn nicht gegengesteuert wird.

Warum ist mit mehr Altersarmut zu rechnen?

Wegen gebrochener Erwerbsbiografien, Arbeitslosigkeit oder prekärer Beschäftigung steuern immer mehr Bürger auf eine Niedrigrente zu. Hinzu kommt in Zeiten der Globalisierung der generell zunehmende Druck auf die Löhne. Es gilt: Wer weniger verdient, zahlt weniger in die Rentenkasse ein, erhält später dann eben auch weniger Rente.

Ist das Problem neu?

Nein. Die Entwicklung ist schon lange absehbar, das Problem nur noch nicht akut. Begonnen hat der schrittweise Abstieg vor gut 20 Jahren: Jede neue Rentenreform brachte neue Abstriche, knabberte am Rentenniveau. Derzeit liegt es bei 51 Prozent. Nach aktueller Gesetzeslage darf es bis zum Jahr 2030 auf 43 Prozent vom Einkommen eines Durchschnittsverdieners (vor Steuern, aber nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge) sinken. Den Höchststand weist die Statistik mit 59,8 Prozent im Jahr 1977 aus. Seither geht es – unter Schwankungen – bergab. Den Ausgleich sollte die 2001 beschlossene Riester-Rente zur privaten Altersvorsorge bringen.

Warum wurde die Senkung des Rentenniveaus beschlossen?

Die damalige rot-grüne Bundesregierung wollte damit trotz der demografischen Entwicklung mit niedrige Geburtenraten bei steigender Lebenserwartung den Rentenbeitragssatz bezahlbar halten. Der lag bei 19,1 Prozent, kletterte später bis auf 19,9 Prozent. Derzeit liegt er bei 19,6 Prozent. Bis 2030 darf der Beitragssatz laut Gesetz nicht über 22 Prozent steigen. Gesetzlich fixiert wurden die Senkung des Rentenniveaus und die Beitragssatzziele bereits 2001. Sechs Jahre später beschlossen Union und SPD flankierend noch die Rente mit 67. Die sorgt dafür, dass viele, die vorzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden, Abstriche an ihrer Rente hinnehmen müssen.

Warum plötzlich die Aufregung?

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat ausrechnen lassen, dass selbst Beschäftigte mit einem Bruttogehalt von 2500 Euro nach 35 Berufs- und Beitragsjahren mit ihrer Rente im Jahr 2030 nur noch mit Müh’ und Not über das staatliche Existenzminimum von derzeit 688 Euro im Monat kommen. Davor haben Opposition, Gewerkschaften und Sozialverbände schon lange gewarnt. Sie verlangen deshalb eine Rücknahme der Rentenreformen. Von der Leyen will davon jedoch nichts wissen, wirbt vielmehr für ihr auch in der Koalition heftig umstrittenes Modell der Zuschussrente: Das sieht eine Aufstockung von Niedrigrenten auf maximal 850 Euro pro Monat vor. Allerdings nur für jene, die als Geringverdiener jahrzehntelang in die Rentenkassen eingezahlt und auch noch privat vorgesorgt haben.