Ursula von der Leyen will unter anderem den Rentenbeitrag senken und die Zuschussrente durchbringen. Kritik von Rösler und Arbeitgebern.

Berlin. Das Bundearbeitsministerium unter Ursula von der Leyen (CDU) hat am Dienstagabend in Berlin ein neues Gesetzespaket vorgelegt, das Altersarmut verhindern soll. So soll der Rentenbeitrag im kommenden Jahr von 19,6 auf 19 Prozent des Bruttolohns sinken. Das entspricht einer Entlastung von jeweils 2,7 Milliarden Euro für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Zusammen mit der Beitragssenkung will von der Leyen nun auch die Zuschussrente durchbringen, die Arbeitgeber und Gewerkschaften bisher ablehnen. Der Entwurf befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung und soll am 29. August ins Bundeskabinett. Von der Leyen erntet für ihre Pläne allerdings Widerspruch aus der eigenen Koalition.

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Das Paket sieht auch eine leichte Anhebung der Erwerbsminderungsrenten vor, mehr Reha-Leistungen und Verbesserungen für Rentner, die hinzuverdienen. Die geplante Versicherungspflicht für Selbstständige soll in einem eigenen Gesetz geregelt werden. Sie ist umstritten, weil sich viele Kleinunternehmer die Beiträge nicht leisten können. Deshalb soll es Ausnahmen geben. Das Vorhaben lag nach heftiger Kritik an den ursprünglichen Plänen auch aus den Koalitionsreihen seit März auf Eis. Mit den Änderungen kam von der Leyen den Kritikern teilweise entgegen. Der Entwurf befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung und soll am 29. August ins Bundeskabinett.

Beim Zuschussrenten-Modell ist vorgesehen, langjährigen Niedrigverdienern die spätere Rente unter bestimmten Voraussetzungen bis auf 850 Euro aufzustocken. Eine Bedingung ist, dass die Betroffenen auch privat fürs Alter vorgesorgt haben. Von der Leyen hatte den Entwurf für die Zuschussrente nach dem sogenannten Rentendialog im Frühjahr zunächst zurückziehen müssen, weil fast alle Experten Kritik übten. Im jetzt vorliegenden Gesetz werden Frauen mit Kindererziehungs- und Pflegezeiten stärker begünstigt als im ersten Entwurf. Das kann als Entgegenkommen auf Forderungen aus der CSU und der Frauen Union gewertet werden.

Die Senkung des Beitrags war erwartet worden, weil die Rücklagen der Rentenversicherung die gesetzlich vorgeschriebenen Reserven wegen der guten Konjunktur deutlich übersteigen. Dem Gesetz zufolge muss dann der Beitrag sinken. Zunächst war von einer Senkung auf 19,2 Prozent die Rede gewesen. Die Gewerkschaften und Sozialverbände fordern, auf die Beitragssenkung zu verzichten und eine Demografie-Reserve aufzubauen. Nach derzeitigem Stand soll der Beitrag von 19,6 auf 19,0 Prozent sinken. Definitiv fest stehen wird dies endgültig aber erst im Herbst.

Von der Leyen sagte, mit dem Entwurf bleibe das Rentensystem „verlässlich und für alle gerecht“. Für die Beitragszahler werde der Rentenbeitrag gemäß dem bewährten gesetzlichen Automatismus sinken. Dies sichere Arbeitsplätze und Renten zugleich. In dem Entwurf sieht die Ministerin aber auch einen Beitrag zur Bekämpfung der Altersarmut: „Die Zuschussrente soll ermöglichen, dass Menschen, die heute mit kleinen Einkommen in die Rentenkasse einzahlen, und insbesondere Frauen, die neben ihrem Beruf Angehörige pflegen oder Kinder erziehen, künftig ihre eigene Rente bekommen und nicht in die Grundsicherung abrutschen wie jemand, der nichts dergleichen geleistet hat.“

Die neue Kombirente soll es Beschäftigten vor dem Ruhestand ermöglichen, beruflich kürzerzutreten, ohne dass - so die Ministerin - „gleich drastische Abschläge bei der Rente fällig werden“. Teilrente und Teilarbeit sollen die Betroffenen flexibler als bisher kombinieren können. „Die Kombirente ist ein großes Plus für eine Gesellschaft des langen Lebens und Arbeitens.“

Die geplante Neuregelung der Erwerbsminderungsrente soll Menschen helfen, die krankheitsbedingt vorzeitig in Rente gehen müssen. Fazit der Ministerin: „Das vorgelegte Gesamtpaket hilft der Wirtschaft in der Krise, sorgt für einen gerechten Ausgleich zwischen Jung und Alt im demografischen Wandel und verhindert, dass Menschen in der Altersarmut landen, die sich um die Älteren und die Kinder kümmern.“

Von der Leyen erntet für ihre Pläne zur Einführung der Zuschussrente allerdings Widerspruch aus den eigenen Reihen. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) lehnt das Vorhaben ab. Es bleibe beim Nein wegen „erheblicher finanzieller und ordnungspolitischer Bedenken“, wurde den Dortmunder „Ruhr Nachrichten“ vom Ministerium bestätigt.

Die Arbeitgeber monierten, dass – anders als ursprünglich zugesagt – die Zuschussrente nicht allein aus Steuermitteln finanziert werde, sondern auch zulasten der Beitragszahler gehen soll. Neue milliardenteure Leistungen auf Kosten der Beitragszahler einzuführen, sei aufgrund der demografischen Entwicklung unverantwortlich, erklärte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Das gesetzlich festgelegte Ziel, den Rentenbeitragssatz bis 2030 auf höchstens 22 Prozent zu begrenzen, werde durch das Rentenpaket gefährdet.

Mit Material von dpa/epd/dapd