Die alarmierenden Zahlen über drohende Altersarmut spalten die Politik. Arbeitsministerin von der Leyen sieht darin einen Beleg für die Notwendigkeit einer Zuschussrente. Nicht nur die Opposition hält dagegen.

Berlin. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) befürchtet eine „massenhafte Altersarmut“ infolge der Senkung des Rentenniveaus. „Wenn die Bundesregierung den Sturzflug des Rentenniveaus nicht aufhält, droht Altersarmut längst nicht nur Geringverdienern, sondern der breiten Mittelschicht“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach der „Passauer Neuen Presse“ (Montagsausgabe). Ursache sei die Kombination aus Kürzungen bei der Rente und dem riesigen Niedriglohnbereich.

Die von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) angestrebte Zuschussrente helfe nicht bei der Bekämpfung der Altersarmut, sagte Buntenbach. Bei der Zuschussrente seien die Hürden so hoch, „dass sie kaum jemand in Anspruch nehmen kann“, sagte die Gewerkschafterin. Die geplante Senkung des Rentenbeitrags nannte Buntenbach „absolut unvernünftig“. „Denn es ist klar: Wer heute die Beiträge senkt, kürzt die Rente von morgen“, sagte Buntenbach.

Am Wochenende waren Berechnungen des Bundesarbeitsministeriums über die künftige Rentenentwicklung bekanntgeworden, die die Debatte über drohende Altersarmut neu entfacht hatten. Nach Berechnungen des Ministeriums droht ab 2030 Arbeitnehmern, die weniger als 2.500 brutto im Monat verdienen und 35 Jahre Vollzeit gearbeitet haben, eine Rente unterhalb des Grundsicherungsbetrags von 688 Euro.

Arbeitsministerin von der Leyen will die Altersarmut mit einer Zuschussrente bekämpfen, die allerdings vom Koalitionspartner FDP abgelehnt wird. Den Plänen der Ministerin zufolge sollen kleine Renten auf bis zu 850 Euro im Monat aufgestockt werden, sofern die Arbeitnehmer auch privat vorgesorgt und mindestens 30 Jahre lang Rentenbeiträge entrichtet haben.

+++ Von der Leyen kämpft für die Zuschussrente +++

+++ Arbeitsministerin von der Leyen warnt vor Altersarmut +++

Die SPD wertet die alarmierenden Zahlen des Bundesarbeitsministeriums als Beleg dafür, dass die geplante Zuschussrente für Niedrigverdiener untauglich ist. „Wegen der hohen Zugangshürden wird kaum jemand die Zuschussrente bekommen“, sagte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag, Elke Ferner, der „Saarbrücker Zeitung“ (Montag). „Außerdem schafft sie neue Ungerechtigkeiten, weil viele Leute, die lange Vollzeit gearbeitet haben, am Ende auch nicht mehr Rente bekommen.“

Die SPD diskutiere als Alternative die Beibehaltung des jetzigen Rentenniveaus. Das hätte aber auch eine schnellere Anhebung der Rentenbeiträge als ursprünglich geplant zur Folge, räumte Ferner ein.

Auch der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Michael Fuchs bekräftigte den Widerstand der Wirtschaftspolitiker der Union gegen die Zuschussrente. „Die Bekämpfung von Altersarmut ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie muss aus Steuermitteln und darf nicht mit dem Geld der Beitragszahler finanziert werden“, sagte Fuchs der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ (Montag). Notfalls müsse der Bundeszuschuss zur Rentenversicherung erhöht werden.

Kritik kommt auch vom Koalitionspartner FDP. Ihr Generalsekretär Patrick Döring sagte im Sender NDR Info, mit der Zuschussrente für Geringverdiener befinde sich von der Leyen auf dem Holzweg. „Die Idee bedeutet, dass innerhalb des Rentensystems Umverteilung beginnen soll, also gut verdienende Beitragszahlerinnen und Beitragszahler bekommen nicht mehr die gleichen Rentenversprechen für ihre Einzahlungen, um am Ende Rentenanwartschaften für Geringverdiener mit gebrochenen Erwerbsbiografien zu finanzieren. Das kann es nicht sein.“

Grünen-Rentenexperte Wolfgang Strengmann-Kuhn sagte der „Saarbrücker Zeitung“, von der Leyen wolle „nichts anderes als eine neue Sozialhilfe für Rentner, denn ihre Zuschussrente folgt dem Bedürftigkeitsprinzip“. Die Grünen schlagen stattdessen eine aus Steuermitteln finanzierte „Garantierente“ vor, die über dem Niveau der Grundsicherung liegt. Diese Rente soll ab einer Beitragszeit von 30 Jahren fällig werden und „automatisch kommen“, erläuterte Strengmann-Kuhn.

Mit Material von dpa und epd