Nicht allein der Steuerzahler soll für das Flughafen-Debakel bluten, so will es der Bund. Die Betreiber sollen auch Darlehen erhalten.

Berlin. Nach der Kostenexplosion durch die verschobenen Starttermine für den neuen Berliner Hauptstadtflughafen zeichnen sich erste Konturen der geplanten Finanzspritze ab. Der Steuerzahler soll für etwa die Hälfte der Mehrkosten aufkommen. Den Rest soll der Flughafen aus Darlehen abdecken, die ihm seine Eigentümer gewähren - der Bund und die Länder Berlin und Brandenburg. Das ergibt sich aus Äußerungen des Staatssekretärs im Bundesfinanzministerium, Werner Gatzer, in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Freitag). Das brandenburgische Finanzministerium betonte, dies seien Vorschläge.

Zuletzt ging der Flughafen von Mehrkosten von insgesamt bis zu 1,177 Milliarden Euro aus. Wegen Änderungen beim Lärmschutz könnte die Summe aber auch bei etwa eine Milliarde Euro liegen. Die Höhe hängt entscheidend vom Eröffnungstermin ab, der noch unsicher ist. Klarheit darüber soll es bei der Aufsichtsratssitzung am 14. September geben. Dann soll auch das Finanzkonzept stehen.

Der Bund ist mit 26 Prozent an der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH beteiligt, die Länder halten jeweils 37 Prozent. Entsprechend ihrer Anteile sollen sich die Gesellschafter aus Sicht Gatzers auch die Finanzspritze teilen. Als staatliche Beihilfe geht das nicht ohne die Genehmigung der EU-Kommission. Bis diese vorliegt, soll der Flughafen Überbrückungskredite aufnehmen.

In der Regierungskoalition wehrt sich aber die FDP gegen eine Beteiligung des Bundes. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sagte dem „Tagesspiegel“ (Samstag): „Es ist dem deutschen Steuerzahler nicht vermittelbar, wenn Berlin beim Flughafen Unfähigkeit demonstriert, dass er mithaften soll.“ Gatzer sagte: „Die Gesellschafter wollen, dass der Flughafen so bald wie möglich in Betrieb geht. Alle müssen dazu einen Beitrag leisten, auch die Flughafengesellschaft.“

+++Bericht: Kräftige Finanzspritzen für den Hauptstadtflughafen+++

Die Mehrkosten beim Lärmschutz resultieren aus einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg. Für Schallschutzfenster und Anwohner-Entschädigungen verordnete es strengere Grenzwerte als der Flughafen zuvor angesetzt hatte – was Mehrkosten von bis zu 591 Millionen Euro zur Folge hätte. Der Flughafen will dem Gericht jedoch nicht vollständig folgen, eine neue Summe nannte er bislang nicht. Schätzungen bewegen sich zwischen 400 und 450 Millionen Euro.

Gatzer plädierte dafür, dass die Eigentümer das Eigenkapital der Flughafengesellschaft entsprechend aufstocken. „Diese Mehrausgaben sind durch ein Gerichtsurteil entstanden, man kann sie der Flughafengesellschaft nicht anlasten“, begründete er den Vorstoß. Das Gericht hatte jedoch entschieden, dass der Flughafen die Vorgaben aus dem Planfeststellungsbeschluss systematisch verfehlt habe.

Die übrigen Zusatzbelastungen resultieren laut Flughafen aus Mehrkosten beim Bau (276 Millionen Euro), Risikovorsorge (195 Millionen Euro), den längeren Betrieb der alten Flughäfen in Tegel und Schönefeld (110 Millionen Euro bis zum März 2013) und Vertragsstrafen (5 Millionen Euro). „Hierfür bietet sich ein Gesellschafterdarlehen an, das Bund, Berlin und Brandenburg bereitstellen“, sagte Gatzer. Spätestens in fünf bis sieben Jahren müsse der Flughafen beginnen, das Darlehen zurückzuzahlen.

+++ Hauptstadtflughafen: Wer zahlt die Mehrkosten? +++

+++ Verwirrung um Ablösung von Flughafenchef Schwarz +++

Brandenburgs Finanzminister Helmuth Markov (Linkspartei) widersprach Gatzer nicht. Sein Ministerium hob aber hervor, solange der Starttermin unklar sei, blieben Angaben zum Finanzkonzept - inbesondere zu Kapitalbedarf und -aufbringung – spekulativ.

Die Gesamtkosten für den Flughafen hat der Aufsichtsrat auf rund 4,3 Milliarden Euro beziffert. Der Bund und die beiden Länder hatten in der Vergangenheit schon 430 Millionen Euro in den Flughafen gesteckt. Sie bürgen außerdem für Kredite in Höhe von 2,4 Milliarden Euro. 531 Millionen Euro haben die Betreiber selbst erwirtschaftet.