Patientenbeauftragter Zöller sieht in Transplantationsskandal viel zerstörtes Vertrauen. Minister Bahr denkt an Gesetzesänderungen.

Berlin. Da werben Politik, Medizin und Kirchen seit Jahren für mehr Organspenden. Da tritt am vergangenen Mittwoch ein neues Transplantationsgesetz in Kraft, das die Spendenbereitschaft der Deutschen erhöhen soll. Und dann zerstört der Organspendeskandal in Göttingen und Regensburg das mühsam aufgebaute Vertrauen in die Transplantationsmedizin. "Was hier gemacht wurde, wird in Zukunft viele Menschen leider das Leben kosten", sagte der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Wolfgang Zöller, der "Neuen Ruhr Zeitung/Neuen Rhein Zeitung". Es werde "garantiert Monate, wenn nicht Jahre dauern, um das Vertrauen in die Organspende wiederherzustellen".

Einzelfall oder strukturelles Problem? In Göttingen stehen ein frühere Oberarzt sowie ein weiterer leitender Arzt im Verdacht, Akten manipuliert zu haben, um Patienten gegen Geld eine schnellere Lebertransplantation zu ermöglichen. Auffälligkeiten gibt es auch in der Uniklinik Regensburg (UKR), wo der 45 Jahre alte Ex-Oberarzt vor seiner Anstellung in Göttingen gearbeitet hatte. Bereits im Frühjahr hatte es auch Vorwürfe gegen die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) gegeben, die im Auftrag des Staates für die Koordinierung der Organspenden zuständig ist. Die Rede war von Vetternwirtschaft und Selbstbedienungsmentalität. Die DSO zog personelle Konsequenzen und kündigte Reformen an.

+++ Organspende-Skandal: Einzelfall oder strukturelles Problem? +++

Im Klinikskandal schließt Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) nun Gesetzesänderungen nicht aus. "Wenn wir zu dem Schluss kommen, dass Lücken im Gesetz die Manipulationen in Regensburg und Göttingen erleichtert oder begünstigt haben, müssen wir handeln", sagte er den "Ruhr Nachrichten". Bahr und Zöller mahnten schonungslose Aufklärung an. Auch der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte, die Verantwortlichen "sehr hart und abschreckend" zu bestrafen.

Vieles wird von dem Gespräch abhängen, das Bahr für den 27. August anberaumt hat. Vertreter der Ärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen sowie Transplantationsexperten sollen dann über Konsequenzen beraten. Schon jetzt fordern viele von ihnen, die Kontrollmechanismen zu verbessern. Stark umstritten ist die Frage, ob der Staat eine stärkere Rolle übernehmen soll.

Dem widerspricht der Chef der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery: Der Skandal zeige gerade, dass die staatliche Kontrolle versagt habe, argumentiert er. Weder das bayerische Wissenschaftsministerium noch die Strafverfolgungsbehörden hätten ein Interesse daran gezeigt, die bereits vor sieben Jahren aufgefallenen Unregelmäßigkeiten an der Uniklinik Regensburg aufzuklären. Montgomery verlangte harte Sanktionen für Ärzte, mehr Geld für Kontrolleure und mehr Personal. Es solle nach dem amerikanischen Vorbild spezielle Prüfer geben, die flächendeckend kontrollieren, aber auch ganze Verläufe von Transplantationen begutachten könnten. Bisher geschehe das nur in Einzelfällen.