Die Kanzlerin Angela Merkel bringt mit einer Äußerung zu Opel die FDP gegen sich auf. Die Koalition ist dünnhäutig geworden.

Berlin. Ausgerechnet die Kanzlerin selbst hatte es diesmal zu verantworten, dass ihr Koalitionspartner FDP gestern erneut in Alarmstimmung versetzt wurde. Stein des Anstoßes war Angela Merkels Bemerkung, dass in Sachen Opel-Hilfe das letzte Wort noch nicht gesprochen sei. Merkel hatte so indirekt neue Hoffnung auf Finanzhilfen des Bundes geweckt - und das, obwohl der zuständige Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sein Nein zu einer Milliardenhilfe für den Autobauer aus dem Deutschlandsfonds bereits kundgetan hatte. Ein Affront? Brüderle erklärte zwar, er fühle sich nicht brüskiert. Doch der Opel-Krisengipfel, zu dem Merkel im Kanzleramt die Ministerpräsidenten mit Opel-Standorten empfing, war dennoch begleitet von heftiger Kanzlerinnen-Kritik aus der FDP, die sich hinter ihren Minister stellte. "Der zuständige Minister hat die richtige Entscheidung getroffen", sagte Vizekanzler Guido Westerwelle. Merkels Versprechen, sie werde nach Brüderles Veto nun "alles" dafür tun, dass statt des Bundes die Länder mit Finanzhilfen einspringen, konterte der Liberale kühl: "Wenn die Bundesländer anders entscheiden, ist es nicht eine Angelegenheit der Bundesregierung."

"Ich finde die Reaktion der Kanzlerin und der Ministerpräsidenten schwer begreiflich", sprang auch FDP-Bundestagsfraktionsvize Patrick Döring seinem Parteifreund bei. Die Haltung der Kanzlerin habe mit einer verantwortungsvollen Wirtschaftspolitik wenig zu tun. Auch Brüderle zeigte sich unnachgiebig. "Der gestellte Antrag ist entschieden", sagte er vor Journalisten. Und am Ende des Tages war klar: Es blieb bei seiner Entscheidung.

Dennoch schien in der FDP die Stimmung auf einem Nullpunkt angekommen zu sein. "Wenn man permanent vorgeführt wird, muss man sich die Frage stellen, was das Ganze noch soll", sagte Thüringens FDP-Fraktionschef Uwe Barth dem Hamburger Abendblatt. Offenbar hätten Frau Merkel und die Union das Ziel, "dass die 14,6 Prozent der FDP bei der letzten Bundestagswahl ein Unfall bleiben müssen". Das Hauptproblem sei "die Summe der Streitpunkte", befand Barth.

So war FDP-Generalsekretär Christian Lindner gestern der Einzige, der sein Vertrauen in die Koalition demonstrativ vor sich her trug. "Wir sind in einer Phase, wo wir einen gordischen Knoten haben." Er sehe aber zugleich bei allen Beteiligten den Willen, diesen Knoten "zu entwirren", sagte er und meinte damit nicht allein Opel. Denn Union und Liberale stritten auch gestern weiter über die Ausgestaltung des Sparpakets und die Frage, ob es durch Steuererhöhungen für Besserverdienende ergänzt werden müsse.

Gleichzeitig ist noch immer nicht klar, ob die im Sparpaket eingerechneten 2,3 Milliarden Euro von der Atomwirtschaft nur bei einer Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke erhoben werden oder unabhängig davon. Uneinigkeit herrscht auch um die vorerst gescheiterte Kopfpauschale, die Zukunft der Wehrpflicht und die Frage, wie geschlossen die FDP hinter dem schwarz-gelben Bundespräsidenten-Kandidaten Christian Wulff steht.

Insbesondere der Streit ums Sparpaket könnte Merkel noch ein wesentlich deutlicheres Machtwort abverlangen. Denn gestern bekräftigte Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) seine Kritik, dass das Paket der Regierung die Schwachen der Gesellschaft überproportional belaste. "Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen", sagte er im Deutschlandfunk. Müller sprach erneut für eine Anhebung des Spitzensteuersatzes und appellierte indirekt an die FDP, eine Belastung der Besserverdienenden nicht zu tabuisieren. Doch davon wollten die Liberalen nichts wissen: "Der Sparkurs ist alternativlos und ausgewogen. Ich kann nur davor warnen, da etwas ohne alternative Einsparmöglichkeiten herauszustreichen", sagte Dietmar Brockes, stellvertretender Fraktionschef der FDP in Nordrhein-Westfalen, dem Abendblatt.

Unterstützung erhielt Merkel von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Sie wandte sich dagegen, das Sparpaket wieder aufzuschnüren. Die Haushaltsklausur sei eine "Nagelprobe" für Schwarz-Gelb gewesen, sagte sie der "Frankfurter Rundschau". "Und es gehört sich, dass alle zum Ergebnis stehen."