Verhaltene Freude bei den Grünen: Trotz eines Rekordergebnisses von rund 10 Prozenthaben sie ihre Ziele bei der Bundestagswahl klar verfehlt.

Berlin. Die Grünen haben ihr bestes bisheriges Ergebnis bei einer Bundestagswahl geschafft - doch tosender Jubel darüber will auf ihrer Wahlparty am Sonntag im Berliner Postbahnhof nicht aufkommen. „Wir sind zweistellig!“. Mit diesem Ausruf versucht Grünen-Chefin Claudia Roth zwar, die Stimmung anzuheizen. Aber so richtig zum Feiern ist den wenigsten Anhängern zumute.

„Das bringt uns ja alles nichts“, kommentiert eine Grünen-Wählerin die Worte der Parteichefin. Denn trotz des Rekordergebnisses von rund 10,5 Prozent haben die Grünen ein schwarz-gelbes Bündnis nicht verhindern können - und belegen auch künftig hinter FDP und Linken nur den fünften Platz der Parteien im Bundestag.

Gleichwohl müht sich die Parteispitze schon am Wahlabend, die Anhängerschaft für vier weitere Jahre in der Opposition zu motivieren. Die Reden klingen nach Kampfansage. „Die Opposition wird knallgrün“, sagt Roth. „Wir werden die Schwarz-Gelben vor uns hertreiben“, kündigt Spitzenkandidat Jürgen Trittin an. Dabei wird auch schon deutlich, wo die Grünen eines der Hauptfelder ihrer Oppostionsarbeit sehen - es gilt, den seinerzeit von der rot-grünen Bundesregierung beschlossenen Ausstieg aus der Atomkraft zu retten.

„Jetzt geht es gegen Schwarz-Gelb, gegen die Radioaktiven!“, ruft Trittin aus. Und die stellvertretende Fraktionschefin Bärbel Höhn droht der künftigen Koalition: „Wenn sie versuchen sollten, den Atomausstieg rückgängig zu machen, dann wird es eine Bewegung auf der Straße geben.“

Auch den Grünen hat das desaströse Ergebnis der SPD einen Schock versetzt. Roth spricht von „einem weinenden Auge“. Die Verhinderung von Schwarz-Gelb war ein gemeinsames Thema mit den Sozialdemokraten. „Das wird die Opposition jetzt auch zusammenschweißen“, meint Roth. Trotzdem ist den Grünen wichtig: „Wir sind kein Beiboot von irgendjemand“, sagt Ko-Parteichef Cem Özdemir.

Özdemir fasst auch bereits die nächste Bundestagswahl ins Auge: „Wir haben zugelegt, aber das reicht uns nicht. 2013 muss es einen Regierungswechsel geben, und die Grünen müssen zurück in die Exekutive.“ Der Weg zurück zur Macht im Bund soll über Nordrhein-Westfalen führen, wo im Mai 2010 der Landtag gewählt wird.

Nachdem die Grünen an diesem Sonntag in Brandenburg den Einzug in den Landtag geschafft haben, haben sie auch große Hoffnungen für NRW: „Jetzt geht es in Nordrhein-Westfalen gegen Rüttgers“, sagt Trittin. „Wer andere bespitzeln lässt, der darf nicht weiter regieren“, spielt er auf die Video-Beobachtung von SPD-Landeschefin Hannelore Kraft durch die NRW-CDU an. Mit dieser Kampferklärung an CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers kommt doch noch Stimmung auf der Party auf - der Saal tobt. Es ist noch Wahlabend, doch die Grünen lassen die Bundestagswahl schon hinter sich.