Teurer Imfstoff: Er soll die Versicherten 36 Euro im Monat kosten. Die Krankenkassen könnten die Kosten von 600 Millionen Euro nicht selbst tragen.

Hambug. Die Impfung gegen die Schweinegrippe könnte die Bürger teuer zu stehen kommen. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) hat erneut gewarnt, dass er die Impfkosten von mindestens 600 Millionen Euro nicht allein tragen könne und sich das Geld gegebenenfalls von den Versicherten wiederholen müsse. Der GKV forderte darum Bund und Länder erneut auf, sich mit Steuergeldern zu beteiligen. Wenn sie sich wie bislang weigerten, müsste die Bundesregierung alternativ den Beitrag zum 1. Oktober "anpassen", forderte GKV-Sprecherin Ann Marini.

Das zuständige Gesundheitsministerium lehnte die Forderung strikt ab. "Es stehen genügend Finanzmittel bei den Krankenkassen zur Verfügung, um diese Impfaktion zu finanzieren", sagte Gesundheitsstaatssekretär Klaus Theo Schröder. Der Ruf nach Beitragssatzerhöhung sei "völlig unangemessen". Schröder betonte, dass die Impfungen eine "Pflichtaufgabe" der Krankenversicherungen seien.

Auch die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Thüringens Ressortchefin Christine Lieberknecht (CDU), wies die Forderung mit Verweis auf den Millionenüberschuss der Kassen in diesem Jahr zurück. "Daraus können die Impfungen finanziert werden", sagte sie der "Rheinischen Post".

Anders als die Bundesregierung gehen die Krankenkassen davon aus, dass dies nicht 600, sondern mindestens 700 Millionen Euro im schlimmsten Fall sogar eine Milliarde Euro kosten werde. Angesichts dieser Summe erklärten sie sich bereit, für "Sachleistungen" wie Impfstoff und Spritze zu zahlen, nicht aber für die Durchführung und Organisation der Impfung. Bleibt das Gesundheitsministerium allerdings bei seiner Haltung, sich weder an den Kosten zu beteiligen noch die Beiträge zu erhöhen, haben die Krankenkassen schlechte Karten. Sie können mit einer zu Ende August erwartenden Rechtsverordnung des Gesundheitsministeriums gezwungen werden, die Impfaktion komplett zu bezahlen und zu organisieren. Ihnen würde nur die Möglichkeit bleiben, einen Zusatzbeitrag von monatlich maximal 36 Euro zu erheben. Bislang versuchen sie dies zu vermeiden, weil sie fürchten, Mitglieder zu verlieren.

Der Zusatzbeitrag ist für die Versicherungen noch das einzige Instrument, mit dem sie von ihren Mitgliedern mehr Geld verlangen können. Denn während früher jede ihren Beitragssatz selbst bestimmen konnte, gibt es seit dem 1. Januar dieses Jahres einen einheitlichen. Seine Höhe wird jährlich von der Bundesregierung im Herbst für das Folgejahr festgelegt.

Mit dem einheitlichen Beitragssatz wurde auch der Gesundheitsfonds eingerichtet. In ihn fließt nicht nur das Geld der Versicherten, sondern auch ein Bundeszuschuss von in diesem Jahr vier Milliarden Euro. Verwaltet wird der Fonds vom Bundesversicherungsamt (BVA). Er weist den Krankenkassen pro Versicherten eine Pauschale zu sowie ergänzende Zu- und Abschläge je nach Alter, Geschlecht und Krankheit ihrer Versicherten. Kommen sie mit diesen Zuweisungen nicht aus, dürfen sie einen Zusatzbeitrag erheben. Die Krankenkassen behaupten nun, dass bei der Kalkulation des Beitragssatzes und der Pauschalen die Kosten für die Schweinegrippe noch nicht berücksichtigt waren. Aus diesem Grund sehen sie auch den Bund in der Pflicht.

Wie wichtig ein reibungsloser Ablauf der Impfaktion ist, machten unterdessen die Impfexperten des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) deutlich. Nach ihren Einschätzungen wird die Schweinegrippe ab Herbst in Deutschland deutlich schwerer verlaufen als bisher. Dann seien auch Todesfälle möglich, sagte PEI-Chef Johannes Löwer.