Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering (CDU) ist der prominenteste Bewerber, aber auch Martin Schulz (SPD) und die Kandidatin der Freien Wähler genießen Aufmerksamkeit. Das ist Gabriele Pauli, ehemalige CSU-Rebellin.

Hamburg/Brüssel. Hans-Gert Pöttering (63) stammt aus Niedersachsen und ist so etwas wie ein Urgestein des Europäischen Parlaments. Seit der ersten Direktwahl 1979 gehört er dem Parlament an. Der promovierte Jurist führte einige Jahre die konservative Fraktion und leitete das Haus in den vergangenen zweieinhalb Jahren als Parlamentspräsident. Diese repräsentative, auf kluges Ausgleichen gerichtete Funktion genoss Pöttering sichtlich. Er beschwört gern das, was die EU für ihn ausmacht: eine Wertegemeinschaft, die Freiheit, Frieden, Demokratie und Menschenrechte garantiert

Mit Martin Schulz (53) geht ein erfahrener Europapolitiker für die SPD ins Rennen. Seit 1994 sitzt der gelernte Buchhändler aus Würselen bei Aachen im Europäischen Parlament. Seit fünf Jahren ist er Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokratischen Parteien Europas. Die SPD möchte, dass Schulz Nachfolger von Günter Verheugen als neuer EU-Kommissar wird. Bekannt wurde Schulz 2003 durch eine Attacke des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi im Europaparlament. Der empfahl Schulz eine Rolle "als Kapo in einem KZ-Film". Schulz ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Silvana Koch-Mehrin (38) ist ein Glücksfall für die FDP. Vor fünf Jahren führte die dreifache Mutter die Liberalen als Spitzenkandidatin nach zehnjähriger Abwesenheit wieder ins Europaparlament. Die meist strahlende junge Frau ist bekannt und beliebt und weiß sich durchaus in Szene zu setzen. Sie promovierte 1998 über das Thema "Historische Währungsunion". Bis 2004 war die Volkswirtschaftlerin Geschäftsführerin einer Unternehmensberatung, die sie selbst mitgegründet hatte. Seit 1997 lebt Silvana Koch-Mehrin mit ihrer Familie in Brüssel.

Markus Ferber (44) kennt sich aus in Europa. Seit 1994 sitzt er für die CSU im Europaparlament und gilt als sehr gut vernetzt. Das spürte auch CSU-Chef Horst Seehofer, als er statt Ferber die Strauß-Tochter Monika Hohlmeier als Spitzenkandidatin für die CSU aufstellen wollte. Parteiinterner Widerstand und Ferbers Ankündigung einer Kampfkandidatur zwangen Seehofer zu einem Rückzieher. Nun kämpfen beide gemeinsam für 40 Prozent der Stimmen in Bayern. So viel braucht die CSU, damit sie bundesweit die 5-Prozent-Hürde überspringt und es für den Einzug ins Europaparlament reicht.

Mit einer erfahrenen EU-Parlamentarierin und einem Europa-Neuling als Spitzenkandidaten treten die Grünen an. Der ehemalige Parteichef Reinhard Bütikofer (56) will erstmals in Europaparlament einziehen, Rebecca Harms (52) sitzt dort bereits seit fünf Jahren. Sie zählen zu den grünen Urgesteinen. Harms war zehn Jahre lang Fraktionsvorsitzende der Grünen in Niedersachsen.

Lothar Bisky (67) ist mit kurzer Unterbrechung seit 1993 Vorsitzender erst der PDS und jetzt der Nachfolgepartei der Linken. Jetzt richtet er seinen Blick nach Europa und will damit im kommenden Jahr auch nicht wieder als Parteichef neben Oskar Lafontaine kandidieren. Seit Bisky 2007 zum Vorsitzenden der Europäischen Linken (EL) ernannt wurde, ist er auf europäischer Ebene bekannt. Bisky wuchs in Schleswig-Holstein auf und wanderte als 18-Jähriger in die DDR aus. In Berlin studierte er Philosophie und Kulturwissenschaften. Er ist verheiratet und hat drei erwachsene Söhne.

Gabriele Pauli (51) ist für die CSU noch immer so etwas wie ein rotes Tuch. Die damalige Fürther CSU-Landrätin trug vor drei Jahren maßgeblich zum Sturz des langjährigen CSU-Chefs Edmund Stoiber bei, der letztlich die ganze Partei mitriss. Seit fast einem Jahr ist Gabriele Pauli jetzt Mitglied bei den Freien Wählern, die der CSU bei der Landtagswahl viele Stimmen abgenommen haben. Sie schicken die Politikerin, die sich gern auf ihren Motorrädern fotografieren lässt, jetzt Richtung Europaparlament. Gabriele Pauli ist geschieden und hat eine erwachsene Tochter.