Finanzminister Steinbrück nennt Minus “beklagenswert“. FDP fordert Haushaltssperre.

Berlin

47,6 Milliarden Euro beträgt die Neuverschuldung des Bundes in diesem Jahr. Das Bundeskabinett beschloss gestern den dafür nötigen zweiten Nachtragshaushalt 2009. Er stellt einen Negativrekord dar. Insgesamt könnten es sogar gut 50 Milliarden Euro werden, zumal in der Summe die Kredite, die für den Bankenrettungsfonds SoFFin sowie für den Investitions- und Tilgungsfonds für die Konjunkturpakete nötig sind, nicht enthalten sind. Die höchste Neuverschuldung hatte es bisher unter dem damaligen Finanzminister Theo Waigel (CSU) 1996 mit gut 40 Milliarden Euro gegeben. Vor Wochen hatte der aktuelle Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) die für 2009 zu erwartende Gesamtverschuldung auf 70 Milliarden bis 80 Milliarden Euro beziffert. Die Opposition geht von 100 Milliarden Euro aus.

Der Ursprungsetat für 2009 sah nur 18,5 Milliarden Euro an neuen Krediten vor. Im Februar wurde der Wert auf 36,9 Milliarden Euro erhöht, nun kommen weitere 10,7 Milliarden Euro hinzu. Auslöser: die Wirtschafts- und Finanzkrise, die Steuereinnahmen sinken und zusätzliche Kosten wachsen lässt, etwa für Konjunkturpakete. Der Nachtragshaushalt sei im Licht der letzten Steuerschätzung im Mai aufgestellt worden, sagte Steinbrück. Allein für den Bund sei demnach in diesem Jahr mit weiteren Einnahmeverlusten von 7,7 Milliarden Euro zu rechnen.

"Beklagenswert" seien die höheren Schulden, sagte Steinbrück. Die Regierung könne in der tiefsten Wirtschaftskrise in der bundesdeutschen Geschichte aber nicht die Hände in den Schoß legen. Sie versuche, mit kreditfinanzierten Konjunkturprogrammen die "Situation zu erleichtern". Die Opposition kritisierte, die Koalition lege einen "Wahlkampf-Haushalt" vor. Die FDP forderte eine sofortige Haushaltssperre und Milliarden-Einsparungen. Steinbrück sei ein "Gipfelstürmer bei der Verschuldung". Sie warf ihm "maßlose Ausgabensteigerungen der vergangenen Jahre" vor. Ohne in Leistungsgesetze einzugreifen und Investitionen zu kürzen, müsse es in einem Haushalt von 303,2 Milliarden Euro möglich sein, Einsparungen von 5 bis 7 Milliarden Euro zu realisieren.

Der Bund der Steuerzahler forderte die Bundesregierung dazu auf, eine Haushaltssperre zu beschließen. Außerdem müsse nach Einsparmöglichkeiten gesucht werden. Durch einen Subventionsabbau, die Kürzung von "zweifelhaften Forschungs- und Umweltförderungen", eine Zurückführung der Entwicklungshilfe und andere Maßnahmen könnten mehr als zehn Milliarden Euro eingespart werden.