EU-Kommission: Deutschlands Finanzminister bricht bereits 2009 mit einer Neuverschuldung von 3,9 Prozent den Euro-Stabilitätspakt.

Brüssel/Berlin. Deutschland wird in der Wirtschaftskrise wieder zum Defizitsünder. Entgegen früherer Prognosen bricht Berlin schon im laufenden Jahr mit einer Neuverschuldung von 3,9 Prozent den Euro-Stabilitätspakt, wie die EU-Kommission vorhersagte. Im kommenden Jahr drohen 5,9 Prozent Defizit vom Bruttoinlandsprodukt. Berlin droht allerdings kein sofortiges Defizit-Strafverfahren. Die EU will erst gegen Länder vorgehen, die bereits 2008 die Grenze von drei Prozent überschritten: Malta, Polen, Rumänien, Litauen und Lettland. Portugal, Deutschland und andere sollen erst später drankommen. Berlin war bereits mit einem Defizit-Strafverfahren der EU konfrontiert, das 2007 geschlossen wurde.

Der frühere Finanzminister Hans Eichel (SPD) hatte seit 2002 als Schulden-Sünder blaue Briefe aus Brüssel erhalten. Nachfolger Peer Steinbrück (SPD) profitierte vom Zwischen-Boom und sprudelnden Steuerquellen. Bewegt er sich in der Krise jetzt doch auf den Spuren Eichels? Europa steckt mitten in der tiefsten Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg. Das Heer der Arbeitslosen wächst. Ein leichter Hoffnungsschimmer zeichnet sich für 2010 ab. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück sagte zum europäischen Arbeitsmarkt: „Das macht mir Sorge.“ Es sei kein Trost, dass die Lage in Deutschland wegen der Reformen der vergangenen Jahre besser aussehe.

Laut Kommission werden 2009 und 2010 insgesamt 8,5 Millionen Jobs in der EU verschwinden. Die Arbeitslosenquote soll im kommenden Jahr im Eurogebiet auf 11,5 Prozent steigen nach 9,9 Prozent im laufenden Jahr. Deutschland schneidet mit 10,4 Prozent (2010) und 8,6 Prozent (2009) etwas besser ab.

Die Kommission erwartet eine moderate Konjunkturerholung in Europa frühestens im kommenden Jahr. „Wir haben einige positive Signale“, sagte EU-Währungskommissar Joaquín Almunia bei derVorlage seines Frühjahrs-Konjunkturgutachtens. Der Vorsitzende der Euro- Finanzminister, der Luxemburger Jean-Claude Juncker, sagte, dass die milliardenschweren Konjunkturpakete der Mitgliedstaaten erst 2010 voll wirken werden.

Die Wirtschaft der gesamten EU und der 16 Euro-Länder wird im laufenden Jahr um 4 Prozent schrumpfen, das ist doppelt so viel wie bisher erwartet. Für das kommende Jahr nimmt Brüssel in beiden Gebieten jeweils ein Minus von 0,1 Prozent an. „Deutschland wird wegen seiner Exportabhängigkeit besonders vom weltweiten Abschwung getroffen“, schreibt die Kommission. Für die größte Volkswirtschaft Europas sagt Brüssel 2009 ein Minus beim BIP von 5,4 Prozent vorher.

Nur drei Länder des Eurogebiets – Finnland, Luxemburg und Zypern – halten im laufenden Jahr die Maastrichter Defizitmarke von 3 Prozent ein.