FDP-Führung rechnet mit Mitgliederentscheid über die Euro-Politik. Über den Euro-Streit wollen sich die Liberalen auch für Berlin profilieren.

Berlin. Die FDP-Bundesspitze rechnet damit, dass es den Mitgliederentscheid über die Politik in der Euro-Krise geben wird. Der Vorstand könnte sich bereits in seiner Sitzung am Montag (19. September) mit dem Thema befassen. Bis dahin könnte die nötige Unterstützung für einen entsprechenden Antrag zusammenkommen, hinter dem unter anderem der Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler steht.

Ein Mitgliederentscheid muss laut FDP-Satzung angesetzt werden, wenn mindestens fünf Landesverbände oder ein Drittel der Kreisverbände oder fünf Prozent der Parteimitglieder dies verlangen. Wenn mindestens ein Drittel der Mitglieder an dem Entscheid teilnimmt, gilt das Ergebnis als „politische Beschlusslage der FDP“ und kommt einer Entscheidung des Bundesparteitags gleich.

Wenige Tage vor der Abgeordnetenhauswahl will die Berliner FDP mit deutlicher Kritik am Euro-Rettungskurs der Bundeskanzlerin punkten. Landeschef Christoph Meyer erklärte die Wahl an diesem Sonntag zur Abstimmung über die Haltung der Freidemokraten zur Schuldenkrise. „Eine starke FDP in Berlin stärkt auch die FDP auf der Bundesebene mit ihrer deutlichen Position“, teilte er am Mittwoch mit. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte Äußerungen des FDP-Parteichefs Philipp Rösler über die Zahlungsfähigkeit Griechenlands kritisiert. Meyer wies das zurück: „Die Folgen von jahrelanger Misswirtschaft in einigen europäischen Ländern müssen ohne Kanzlerinmaulkorb offen diskutiert werden." Zuletzt hatte Rösler mit seiner Abschaffung der Denkverbote für Aufregung gesorgt.

Die Berliner wollen, dass die Parteimitglieder bundesweit über den Euro-Rettungskurs abstimmen. „Diese für die Zukunft Deutschlands und Europas zentrale Frage muss den Mitgliedern zur Diskussion vorgelegt werden.“ Damit läuft in der FDP alles auf einen Mitgliederentscheid zu. Die Parteispitze rechnet nach Angaben aus Röslers Umgebung vom Mittwoch damit, dass das Lager um die „Euro-Rebellen“ die erforderliche Mehrheit für eine solche Abstimmung zusammenbekommt.

+++ Merkel warnt vor Kontrollverlust der Politik +++

Meyer kritisierte, Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hätten in eineinhalb Jahren keine klare Strategie gegen die Krise gefunden. Insbesondere in Italien und Griechenland sei der Eindruck entstanden, dass man Zusagen ohne Konsequenzen relativieren oder nur zögerlich umsetzen könne.

„Offenbar bestand und besteht dort das Vertrauen, dass der Deutsche und Berliner Steuerzahler unabhängig vom eigenen Verhalten die Zeche schon bezahlen wird“, sagte Meyer, dessen Landesverband laut Umfragen fürchten muss, nach der Wahl an diesem Sonntag nicht mehr in das Berliner Abgeordnetenhaus einzuziehen. Für eine unbegrenzte Schuldenübernahme oder die Einführung von Eurobonds stehe die FDP nicht zur Verfügung. (dpa/dapd)