Drei Wochen vor der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus haben sich die Spitzenkandidaten um Klaus Wowereit ein TV-Duell geliefert.

Berlin. Es war ein Projekt, dass nicht unbedingt Erfolg versprach. Doch der Versuch hat funktioniert: Die Spitzenkandidaten der fünf im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien haben am Dienstagabend gemeinsam eine Fernsehdebatte bewältigt. Knapp drei Wochen sind es noch bis zur Wahl des Abgeordnetenhauses. Zwar konnte sich allein schon auf Grund des Sendekonzepts - es waren keine Diskussionen erlaubt - entwickeln. Das so noch nicht erprobte Format des einseitigen Polittalks darf der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) trotzdem als Erfolg verbuchen.

Die Moderation der Runde hatten Cathrin Böhme und Sascha Hingst übernommen. Flankiert wurden sie im Studio von Schülern Berliner Gymnasien, die Politik als Kurs belegen.

Die kurze Vorstellungsrunde zu Beginn der Sendung ließ zunächst eher dröge 60 Minuten erwarten. Die Kandidaten Christoph Meyer (FDP), Harald Wolf (Linke), Renate Künast (Grüne), Frank Henkel (CDU) und Amtsinhaber Klaus Wowereit (SPD) waren auf flachen Sitzen platziert und mussten die Kamerazuschaltung abpassen. Während Meyer und Henkel dabei hölzern wirkten, punkteten Wolf und Wowereit mit offenen Mienen. Renate Künast sah zunächst zerknirscht und müde aus.

Den Auftakt bildeten jeweils kurze Porträts. Da sie kaum Neues über den Kandidaten vermittelten, war das verschenkte Sendezeit. Statt Wahlkampfrhetorik wäre dort ein Blick ins Private oder auch ins alltägliche Dienstliche angebracht gewesen Wer weiß schon, wo Meyer oder Henkel arbeiten. Und womit beginnt Künast ihren Arbeitstag?

Lob gebührt dem RBB für das straffe Timing und die gut vorbereiteten Themenkomplexe der Moderatoren. Nur Henkel beschwerte sich zurecht über mit kritischen Schlussfolgerungen gekoppelte Fragen. Dass er bei solcher Gelegenheit schnell genervt ist, widerspricht jedoch seinem neuen Image als smartem Kümmerer.

Für die Linke dürfte der TV-Abend eine Offenbarung gewesen sein; zeigte ihr Kandidat Wolf doch, wie anders als nur vermeintlich spröde er im Gespräch zu wirken vermag.

Künast wiederum ist, wenn sie will, schlagfertig und eloquent. Selbst vor einer verbalen Annäherung an die SPD schreckte sie nicht zurück. Die klugen Fragen der Schüler parierte sie mit Bravour. Allein ihre Stimme hat die gestandene Grüne nicht im Griff. Es fehlen Nuancen in der Sprachmelodie, einmal wurde sie unnötig laut und damit ihrem „Ruf“ als Kratzbürste gerecht.

Als Platzhirsch kam und ging dagegen Wowereit. Von den Schülern mit großem Hallo begrüßt hatte er den Vorteil des Letzten in der Runde, der alle Aussagen und Themen noch einmal streifen und bei Bedarf in seinem Sinne gerade rücken kann. Der Regierende weiß um seine Wirkung und sein gutes Aktenstudium. Aus dem Effeff referierte er die Zahlen für Studienanfängerplätze 2012. Beim Thema brennende Autos lässt er sich erst gar nichts unterschieben.

Heikle Themen-Komplexe wie zum Flughafen in Schönefeld erledigt Wowereit gekonnt. Nachtflugverbot? Er umschifft die Frage. Müggelseeroute? „Wenn möglich, muss sie verändert werden.“ Mit den Gosener Wiesen scheine eine gute Lösung in Sicht. Drehkreuz oder nicht? Ein Provinzflughafen komme nicht in Frage, Arbeitsplätze gingen vor, nicht allen könne alles recht gemacht werden.

Die TV-Runden gehen weiter: Am Donnerstag strahlt der Sender eine Diskussionsrunde mit den Spitzenkandidaten der „kleinen“ Parteien aus. Am 6. September stellen sich Wowereit und Henkel den Fragen von Moderatoren. Zwei Tage darauf trifft Wowereit auf Künast.