Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, spricht über das umstrittene Untersuchungsverfahren

Berlin. Das Leben ist ein Geschenk Gottes, sagt die katholische Kirche und lehnt die Präimplantationsdiagnostik (PID) ab. Im Interview mit dem Hamburger Abendblatt erläutert der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, seine Position.

Hamburger Abendblatt: Welchen Rat gibt die evangelische Kirche den Bundestagsabgeordneten für die Entscheidung mit auf den Weg?

Nikolaus Schneider: Im Rat der evangelischen Kirche gibt es keine einheitliche Position, trotzdem war es dem Rat wichtig, im Februar dieses Jahres eine gemeinsame Stellungnahme zu verabschieden.

Darin hat sich der Rat gegen eine Zulassung der PID ausgesprochen. Wie denken Sie selbst über diese Frage?

Schneider: Ich persönlich würde der eng konditionierten Zulassung von PID zustimmen, aber nur wenn eine genetische Veranlagung vorliegt, aufgrund derer der Embryo schon während der Schwangerschaft lebensunfähig ist. Es sollte klar belegt sein, dass bei Paaren bereits Totgeburten und Fehlgeburten vorgekommen sind und diese genetisch verursacht sind.

Was muss auf jedem Fall in dem Gesetz stehen?

Schneider: Das neue PID-Gesetz sollte auf jeden Fall Aussagen zum Lebensschutz, zur Würde des Lebens und zum Verfahren der PID beinhalten. PID muss für die Gesellschaft nachvollziehbar und transparent sein.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, spricht von Selektion. Teilen Sie diese Ansicht?

Schneider: PID ist keine Selektion, wenn es darum geht, Embryonen zu identifizieren, die überhaupt lebensfähig sind. Ich möchte keine Haltung einnehmen, die von Misstrauen gegenüber Medizinern und Eltern geprägt ist. Wir haben allen Grund, ihnen Vertrauen entgegenzubringen. Es wäre wichtig, auf Dauer ein Fortpflanzungsgesetz zu bekommen, das den gesamten Bereich der In-vitro-Fertilisation, also der Befruchtung im Glas, regelt. Ohne diese Befruchtungsform würden wir jetzt gar nicht über ein PID-Gesetz abstimmen.