Die einen berufen sich auf das Recht der Eltern und die Nächstenliebe. Die anderen warnen vor Selektion und dem Schutz des Lebens.

Berlin. In der Bundestagsdebatte um die gesetzliche Regelung der Präimplantationsdiagnostik (PID) haben Gegner und Befürworter einer Zulassung der Gentests an künstlich erzeugten Embryonen vor allem ethische und moralische Argumente ausgetauscht. Der CDU-Politiker Peter Hintze plädierte für eine weitgehende Zulassung der PID . Erblich schwer vorbelastete Paare sollten ein Recht haben, diese anzuwenden. Das geböten „das Grundgesetz und die Nächstenliebe“, sagte Hintze im Bundestag.

„Es steht dem Rechtsstaat gut an, den Ärzten und betroffenen Frauen etwas mehr Vertrauen in ihre Verantwortung zugeben“, sagte Hintze. Er verwies auf die Erfahrung in anderen Ländern, in denen die PID bereits zugelassen ist. Dort „überwiegen Nutzen und Hilfe“, sagte der CDU-Politiker. Er räumte zugleich ein, es handele sich in dieser Frage um einen „Grenzbereich des menschlichen Lebens“, weshalb der Gesetzgeber zu „äußerster Behutsamkeit“ aufgefordert sei.

Die frühere Gesundheitsministerin Ulla Schmidt hingegen plädierte für ein Verbot der PID. Die SPD-Politikerin verwies auf „Würde und Schutzwürdigkeit“ der Embryonen, die nach einem Gentest verworfen und nicht in die Gebärmutter eingepflanzt würden, sondern abstürben. Ein solches Vorgehen widerspreche dem Gedanken des Embryonenschutzgesetzes. „Bei der PID steht die Selektion am Anfang“, warnte Schmidt.

Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Birgitt Bender, sprach sich für ein Verbot aus. Bei einer Zulassung würden mindestens acht Embryonen „zum Zweck des Aussortierens“ erzeugt. Diese „Option auf Selektion“ würde die Gesellschaft verändern, sagte sie. Bender warnte zudem vor dem Risiko, dass im Falle einer Zulassung der PID hoher sozialer Druck auf Frauen ausgeübt werden könnte, diese Technik auch einzusetzen. „Wie soll eine Frau den Mut finden, sich für ein behindertes Kind zu entscheiden, wenn die Anwürfe fürchten muss, dass so etwas ja nicht hätte passieren müssen“, fragte Bender.

Ihre Parteikollegin Priska Hinz dagegen befürwortete ein Verbot der PID mit Ausnahmen unter strengen Auflagen. „Wir wollen den Eltern ermöglichen, Kinder zu bekommen, die sonst nur Fehl- oder Totgeburten hätten“, sagte die Grünen-Politikerin. „Da können wir helfen und das sollten wir tun.“ Es dürfe aber nicht um schwere Behinderungen gehen. Dieser Begriff sei „allzu dehnbar“. Es könne nur um die Frage gehen, ob ein Leben lebensfähig sei, aber nicht darum, ob es lebenswert sei.

Dem Bundestag lagen drei Gesetzentwürfe vor, die von einem kompletten Verbot der PID, über ein Verbot mit Ausnahmen bis zu einer Zulassung mit strengen Auflagen reichen. Die Debatte wurde ohne Fraktionszwang geführt.

Unter Präimplantationsdiagnostik wird die genetische Untersuchung eines Embryos vor der Einsetzung in die Gebärmutter verstanden. Das Verfahren ist daher nur bei Embryonen möglich, die durch künstliche Befruchtung (In-vitro-Fertilisation) entstanden sind. Einige Tage nach der Befruchtung wird mindestens eine Zelle des Embryos entnommen.

Nach der Entnahme der Zelle wird das Genom des Embryos auf Genmutationen oder Chromosomen-Anomalien untersucht. Nach dem Verfahren wird nur ein gesunder Embryo in den Mutterleib eingepflanzt. Die anderen Embryonen werden nach der Untersuchung vernichtet oder eingefroren. Bisher war die PID in Deutschland verboten. Mit einem Urteil zur PID hat der Bundesgerichtshof im Juli vergangenen Jahres das Verbot jedoch faktisch aufgehoben und sie in bestimmten Fällen für zulässig erklärt.

Einen Antrag auf PID stellen in der Regel Eltern, die selbst eine vererbbare Krankheit oder Behinderung oder die Disposition dazu haben oder Frauen, die bereits Tot- und Fehlgeburten hinter sich haben. Sie wollen durch die Untersuchung verhindern, ein schwer krankes oder behindertes Kind zu bekommen. Was genau untersucht wird, hängt von dem betreffenden Elternpaar ab. Es wird kein kompletter Test auf alle bekannten Erbkrankheiten gemacht.

Kritiker der PID führen an, dass ein Katalog von Gendefekten oder Krankheiten, für die die PID zulässig sein soll, kaum aufzustellen sei. So gibt es genetisch bedingte Krankheiten, die erst im späten Erwachsenenalter auftreten. Es gibt Gene, die eine Erkrankung auslösen können. Sie muss aber nicht eintreten, etwa Brustkrebs. Zudem wird eine Diskriminierung von behinderten Menschen gefürchtet. (epd/dapd)