Opposition und Teile von CDU und FDP kritisieren den geheimen Panzerdeal der Regierung mit den Saudis scharf. Israel billigte Geschäft.

Berlin. Die Lieferung deutscher „Leopard 2“-Panzer an Saudi-Arabien und damit in die Unruheregion im Nahen Osten löst heftige Kritik der Opposition, aber auch im eigenen Haus aus. Abgeordnete von Union und FDP verlangten am Dienstag ebenso wie die Opposition Auskunft über das Milliardengeschäft, doch die Bundesregierung schweigt beharrlich. „Der Bundessicherheitsrat tagt geheim, und dabei bleibt's“, sagte Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU). Gegner des geheimen Waffendeals warnen vor der Lieferung schwerer Waffen in Unruheherde. Auf Antrag der Opposition wird der Verkauf von Leopard-Panzern an diesem Mittwoch Thema im Bundestag sein. Saudi-Arabien hat bereits 44 "Leopard 2"-Panzer gekauft. Rund 150 sollen noch folgen. Die Bundesregierung hatte sich vor der Absegnung des Deals die Zustimmung Israels und der USA eingeholt. Die Firmen Krauss-Maffei Wegmann aus München und Rheinmetall aus Düsseldorf stellen die Kampfpanzer her.

CDU/CSU-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier gab zu, dass es in der Union „verschiedene Auffassungen“ gibt. Die CDU- Menschenrechtsexpertin Erika Steinbach meldete „erhebliche Bedenken“ an. „Mit Sicherheit hat die Intervention Saudi-Arabiens in Bahrain nicht dazu beigetragen, dass man mit mehr Wohlgefallen auf solche Anfragen schauen sollte“, sagte sie.

Auch der ehemalige FDP-Chef Wolfgang Gerhardt verlangte von der Regierung Aufklärung. Außenpolitiker der Unionsfraktion wie Karl-Georg Wellmann forderten von der Bundesregierung ebenfalls Klarheit. „Wir sind ein politisches Parlament. Die Lieferung hat außen- und menschenrechtspolitische Konsequenzen. Deshalb haben wir alles Recht, dies zu diskutieren“, sagte Wellmann. Das habe Parlamentspräsident Norbert Lammert zurecht angemerkt. Ausdrücklich verwies Wellmann darauf, dass Saudi-Arabien Panzer über die Brücke ins Nachbarland Bahrain habe rollen lassen, um dort bei der Niederschlagung von Protesten zu helfen. „Wir können uns alle nicht vorstellen, dass dies eines Tages deutsche Fabrikate sind, die über die Brücke rollen“, sagte Wellmann.

Von offizieller Seite gab es jedoch weiterhin keine offizielle Bestätigung für den geplanten Verkauf von 200 "Leopard 2"-Kampfpanzern. Merkel ging auch in der CDU/CSU-Fraktionssitzung nicht auf das Thema ein. In Regierungskreisen wurde jedoch bestätigt, dass der Bundessicherheitsrat das heikle Geschäft vergangene Woche abgesegnet hat. Fraktionschef Volker Kauder habe sich gegen einen Parlamentsvorbehalt in der Frage der Panzerlieferungen ausgesprochen. „Ich meine, dass bei der Lieferung solch hochwertiger Waffensysteme Zurückhaltung angebracht ist, auch wenn wir wissen, dass die Amerikaner gerade Rüstungsgeschäfte für 70 Milliarden Dollar mit Saudi-Arabien abwickeln“, sagte er Teilnehmern zufolge. Deutschland müsse aber auch die Sicherheitsinteressen Israels im Blick haben.

Die Bundesregierung hatte sich vor dem umstrittenen Deal die Zustimmung Israels und der USA eingeholt. Beide Staaten seien vor der Entscheidung im Bundessicherheitsrat am 27. Juni über das Geschäft informiert worden und hätten keine Bedenken angemeldet, berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ unter Berufung auf Regierungskreise. In den Kreisen wurden den Angaben zufolge erstmals auch die Gründe für das Waffengeschäft genannt. Mit den Panzerlieferungen wolle Deutschland Saudi-Arabien unterstützen, das nach den Umwälzungen in Ägypten und Tunesien der „letzte und wichtigste Stützpfeiler“ in der Nahost-Region sei.

Experten schätzen den Wert des Geschäfts auf mindestens 1,7 Milliarden Euro. Die Panzer werden vom Münchener Konzern Kraus-Maffei Wegmann und der Düsseldorfer Firma Rheinmetall gebaut. Beteiligt sind zahlreiche Zulieferer. Heikel ist das Geschäft vor allem, weil das autoritär regierte Saudi-Arabien jüngst bei der Niederschlagung von Protesten im Golf-Staat Bahrain mitgeholfen hat, während die Bundesregierung die Demokratiebewegungen in der arabischen Welt unterstützt.

Brüderle hat Vertrauen in die Regierung

Schützenhilfe bekam Volker Kauder von seinem FDP-Kollegen Rainer Brüderle. Es handle sich um eine „Entscheidung der Bundesregierung, nicht des Parlaments“. Er habe Vertrauen, dass die Bundesregierung alle Aspekte berücksichtige und dabei die besondere Verantwortung Deutschlands für Israel im Auge habe. Es sei eine gute Übung, dass der Bundessicherheitsrat geheim tage.

Bei dem Verkauf geht es der „Süddeutschen Zeitung“ zufolge nur noch um Einzelheiten. Die Grundsatzentscheidung über den Rüstungsexport sei gefallen, berichtete das Blatt in einer Vorabmeldung unter Berufung auf Regierungskreise.

Sozialdemokraten und Grüne forderten von der Bundesregierung Aufklärung. Schwarz-Gelb verweigere die Auskunft und verschanze sich hinter einer Wand aus Schweigen. „Hier wird das gesamte Parlament am Nasenring durch die Manege geführt“, kritisierte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles. Das Geschäft sei angesichts der Erhebung in der arabischen Welt und der deutschen Enthaltung zum Libyen-Mandat der UN eine Provokation. Linksfraktionschef Gregor Gysi sprach von einem „unglaublichen Skandal“.

Schwarz-Gelb hat jetzt die rote Linie überschritten“, kritisierte auch Grünen-Fraktionschefin Renate Künast. Die Demokratiebewegungen im Nahen Osten und in Nordafrika bräuchten Unterstützung, „und nicht die Herrschenden Panzer“. Die Grünen akzeptierten die Lieferung der Panzer nicht. Auf Antrag von Linkspartei und Grünen berät der Bundestag am Mittwoch in einer Aktuellen Stunde über das Geschäft.

Mit Material von dpa/dapd/reuters