Kurt Beck braucht die Grünen, um Ministerpräsident zu bleiben. Auch CDU-Kandidatin Klöckner will mit den Grünen reden.

Berlin. Gedämpfte Freude bei den Genossen, Jubel bei den Grünen. Im konservativ geprägten Rheinland-Pfalz zeichnet sich die erste rot-grüne Regierung der Landesgeschichte ab. Die SPD hat zwar bei der Landtagswahl am Sonntag nach den ersten Hochrechnungen die absolute Mehrheit deutlich verloren, aber mit den triumphal ins Parlament zurückkehrenden Grünen reicht es dennoch für eine rot-grüne Mehrheit. „Wir werden uns kommende Woche treffen und entsprechende Gespräche führen“, kündigt SPD-Ministerpräsident Kurt Beck schon am Wahlabend an. Gelingt die Koalition, könnte der ehemalige SPD-Bundesvorsitzende in Mainz bis 2016 regieren und es somit auf 22 Amtsjahre bringen.

Die CDU hat nach den Hochrechnungen zugelegt, es aber nicht geschafft, die SPD zu überholen. Julia Klöckner, Spitzenkandidatin der CDU, freut sich dennoch über das Wahlergebnis: "Die SPD ist massiv eingebrochen. Die CDU Rheinland-Pfalz ist gegen den Bundestrend, trotz vieler Widrigkeiten der Welt und der Bundespolitik, wieder obenauf. Wir haben zugelegt!" Klöckner antwortet nicht auf die Frage, ob sie den Fraktionsvorsitz der CDU im Mainzer Landtag übernehmen werde. „Ich freue mich sehr, dass dieses Vertrauen mir auch ausgesprochen worden ist. Und dann werden wir sehen, wer nachher auch die Regierung bilden kann."

Klöckner hat den Grünen schon ein Gesprächsangebot unterbreitet. „Ich mache es gerne auch offiziell, das kann man auch gerne machen:Dass Demokraten miteinander reden, Frau Lemke, das Angebot steht“, sagte sie am Sonntagabend im Landtag an die Adresse der Grünen-Spitzenkandidatin Eveline Lemke.

Grünen-Spitzenkandidat Daniel Köbler wies darauf hin, dass die Grünen vor der Wahl erklärt hatten, sie hätten größere inhaltliche Schnittmengen mit der SPD. Über alles Weitere werde in den Gremien beraten. Köbler selbst gab sich selbstbewusst. „Ich glaube, dass wir Grüne heute Geschichte geschrieben haben“, sagte er. Die Grünen katapultiert der Wählerwille von der außerparlamentarischen Position in die Rolle des Königsmachers im Landtag. „Das ist grandios“, freut sich Spitzenkandidatin Eveline Lemke. Wahlforscher hatten den Grünen auch als Folge der japanischen Atomkatastrophe neuen Rückenwind vorausgesagt.

Knüppeldick kommt es für die FDP: Nach 24 Jahren im Parlament fliegt sie nach den Hochrechnungen aus dem Mainzer Landtag. Landeschef Rainer Brüderle spricht von einer „bitteren Niederlage“ und verweist auf die unvorhersehbare Nuklearkatastrophe in Japan. Zu einem möglichen Rücktritt will sich nicht äußern: "Wir werden das sorgfältig analysieren müssen."

Die Linke verpasste mit 3,1 Prozent klar den Einzug in den Landtag. „Wir haben alles gegeben. Wir haben Wahlkampf fast bis zum Umfallen gemacht", sagte Linke-Spitzenkandidatin Tanja Krauth.

Der Mainzer Politikprofessor Gerd Mielke rechnet damit, dass nun einige SPD-Regierungsmitglieder „bittere Pillen schlucken müssen“. Denn die Grünen beanspruchen vermutlich zwei oder drei Minister- und mehrere Staatssekretärposten. Umweltministerin Margit Conrad (SPD) zum Beispiel könnte, wie es in sozialdemokratischen Kreisen heißt, ihren Job verlieren. (dpa/abendblatt.de)

Zum Nachlesen: Die Landtagswahl im Liveticker von abendblatt.de:

19.49 Uhr: Erste Analyse der Forschungsgruppe Wahlen: Die Landtagswahl war eher landespolitisch geprägt, Bildung, Arbeitslosigkeit und Atompolitik waren die wichtigsten Probleme. Die SPD verliert Wählerstimmen in allen Altersgruppen.

19.44 Uhr: Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) sagt, das Wahlergebnis sei ein harter Schlag für die Bundesregierung. Er fürchte aber, "dass man an der Mehrheit klebt, und damit in der Bundesrepublik die politische Bewegung eher erschwert wird, eher zum Erstarren kommt, denn dass wir vorankommen". Aber es gebe eine Gestaltungsmehrheit im Bundesrat. „Und die wollen wir natürlich auch nutzen.“

19.16 Uhr: Die kräftigen Verluste der SPD hätten mit seiner Person wenig zu tun, sagt Ministerpräsident Kurt Beck: „Ich glaube nicht, dass die Menschen sagen wollten, der Beck soll es nicht mehr sein.“ Die Landtagswahl habe unter dem starken Eindruck der Atomkatastrophe in Japan gestanden. Davon hätten vor allem die Grünen stark profitiert.

19.13 Uhr: Julia Klöckner, Spitzenkandidatin der CDU, weicht im ZDF Spekulationen über eine mögliche Koalition mit den Grünen, die zu einer Regierungsbeteiligung führen könnte, aus: "Ich bin zu Geprächen bereit, aber es gehört jetzt ein Stück Demut dazu."

18.55 Uhr: Ministerpräsient Kurt Beck (SPD) sagt im ZDF: "Dass ich mir ein besseres Ergebnis gewünscht hätte, ist keine Frage. „Wenn man zum fünften Mal einen Wählerauftrag bekommt, ist das keine Niederlage." Er ist sich sicher, dass die Grünen eine Koalition mit der SPD eingehen werden. Nächste Woche werde er „in die Gespräche eintreten".

18.52 Uhr: Die Spitzenkandidatin der rheinland-pfälzischen Grünen, Eveline Lemke, freut sich riesig über das „Rekord-Ergebnis“ ihrer Partei: „Das ist grandios, das fühlt sich unglaublich an."

18.42 Uhr: Der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Hendrik Hering (SPD) sieht im Wahlergebnis trotz Verlusten eine Bestätigung seiner Partei. „Es gibt zwar deutliche Verluste, aber die SPD wird in Rheinland-Pfalz zum fünften Mal in Folge stärkste Partei." Die „besonderen Ereignisse in Japan“ hätten zu den Verlusten der SPD geführt. Ein wesentlicher Teil des Zuwachses der Grünen komme „aus dem Reservoir der SPD“. Nach den ersten Hochrechnungen verlieren die Sozialdemokraten ihre absolute Mehrheit deutlich und landen bei 35,2 Prozent.

18.39 Uhr: Julia Klöckner, Spitzenkandidatin der CDU, freut sich über das Wahlergebnis: "Die SPD ist massiv eingebrochen. Die CDU Rheinland-Pfalz ist gegen den Bundestrend, trotz vieler Widrigkeiten der Welt und der Bundespolitik, wieder obenauf. Wir haben zugelegt!"

18.38 Uhr: Nach einem ersten Schock brandet in der SPD-Fraktion Jubel auf. „Wir sind stärkste Fraktion geblieben“, sagt die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Barbara Schleicher-Rothmund. Die Zeichen stünden klar auf eine sozial-ökologische Regierung.

18.36 Uhr: „Das ist sicherlich kein schöner Wahlabend“, sagt Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) im ZDF. „Jetzt ist es an der Zeit, in Ruhe die Ergebnisse zu analysieren und daraus Schlussfolgerungen zu ziehen."

18.34 Uhr: Der rheinland-pfälzische FDP-Landeschef und Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle will sich im ZDF nicht zu einem möglichen Rücktritt äußern: "Wir werden das sorgfältig analysieren müssen." Man müsse wieder stärker jene Themen betonen, die der FDP das sehr gute Bundestagswahlergebnis beschert hätten. Und das heiße primär eine weitere Entlastung der Mitte.

18.30 Uhr: Der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende im Mainzer Landtag, Alexander Licht, freut sich über das Abschneiden seiner Partei: „Wir sind, glaube ich, gegen den Trend nach vorne gekommen, wir haben dazugewonnen“, sagt er im SWR. Das sei vor allem CDU-Landeschefin Julia Klöckner zu danken. „Die Partei wird sich jetzt noch geschlossener zeigen. Da werden wir jeden Auftrag annehmen.“

18.27 Uhr: Neue ZDF-Hochrechnung: Die SPD muss sich in Rheinland-Pfalz einen Koalitionspartner suchen. Sie verliert ihre absolute Mehrheit klar und landet bei 35,9 Prozent und 42 Mandaten. Die CDU gewinnt hinzu und bekommt 35,3 Prozent oder 41 Sitze. Die Grünen erzielen 15,2 Prozent. Das wären 18 Sitze im Landtag in Mainz. Sie waren dort bisher nicht vertreten. Die FDP scheitert ebenso wie die Linke an der Fünf-Prozent-Hürde.

18.22 Uhr: FDP-Landtagsabgeordneter Hans-Artur Bauckhage im ZDF: "Die Liberalen werden sich neu formieren. Das war eine Sache, die sich nicht jeden Tag wiederholt." Die FDP, die 2006 noch 8,0 Prozent hatte, wird der Hochrechnung zufolge nur noch 4,0 Prozent erreichen und damit nicht mehr im Landesparlament vertreten sein.

18.18 Uhr: Der rheinland-pfälzische FDP-Landeschef und Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle sagt, die Wahlpleite sei eine bittere Niederlage für die Liberalen. Die Wahl in Rheinland-Pfalz sei durch die Atomkatastrophe in Japan, den Krieg in Libyen und die Euro-Krise überlagert worden.Die FDP ist nach der ersten Prognose nicht mehr im Landtag vertreten.

18.17 Uhr: Der rheinland-pfälzische FDP-Spitzenkandidat Herbert Mertin bezeichnet die Wahlniederlage seiner Partei als „bittere Tatsache“. Die FDP habe sich in den Umfragen auf rund sieben Prozent „hochgearbeitet“, doch dann sei es unvorhersehbar zu der japanischen Atomkatastrophe gekommen. Diese habe fortan den Wahlkampf bestimmt.

18.15 Uhr: Die Grünen sehen ihre Chancen für die Regierungsübernahme in Berlin gestiegen. Die Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Renate Künast, sagte in Berlin: „Wir freuen uns riesig. Das gibt grünen Rückenwind für Berlin.“

18.12 Uhr: SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles freut sich im ZDF: "Schwarz-Gelb ist am Ende." Frau Merkel habe die Wahl zu einer Schicksalswahl ausgerufen: "Und das wird jetzt auch ihr Schicksal besiegeln.“

18.05 Uhr: Nach den Prognosen für ARD und ZDF ziehen die Grünen mit 15 bis 17 Prozent nach fünf Jahren wieder in den Landtag ein, während die FDP mit vier Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert.

18.02 Uhr: Laut Wahlprognosen von ARD und ZDF hat die SPD deutliche Verluste hinnehmen müssen und ihre absolute Mehrheit verloren. Da die Grünen jedoch ihr Wahlergebnis von 2006 weit übertrafen und den Wiedereinzug in den Mainzer Landtag schafften, würde eine rot-grüne Koalition unter dem bisherigen Ministerpräsidenten Kurt Beck über eine Mehrheit verfügen.

18.00 Uhr: Die Wahllokale sind geschlossen.