Rot-Grün könnte die Koalition nach der Wahl in Rheinland-Pfalz heißen. Eine Hamburgerin mischt dabei kräftig mit. Oder gelingt der CDU ein Coup?

Mainz/Hamburg. Die Alleinherrschaft der SPD in Rheinland-Pfalz wackelt. Doch das scheint „König Kurt“ vor der Landtagswahl am Sonntag nicht wirklich zu jucken. Seit 1994 ist das sozialdemokratische Urgestein Kurt Beck, 62, Ministerpräsident in Mainz. Und nach einer Koalition mit der FDP, die seit damals bis 2006 andauerte, erwartet ihn nun eine Koalition mit den Grünen. Glaubt man den Umfragen, zeichnet sich in Rheinland-Pfalz eine immer deutlichere Mehrheit für eine rot-grüne Regierung ab. Nach einer Emnid-Umfrage im Auftrag des Magazins „Focus“ käme Rot-Grün auf eine Mehrheit von 51 Prozent der Stimmen. Zulegen können dabei die Grünen, die nun auf 14 Prozent kommen. Das sind vier Prozentpunkte mehr als vor der Reaktorkatastrophe in Japan.

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Die derzeit allein regierende SPD verlöre gegenüber der Vorwoche zwar zwei Punkte, läge mit 37 Prozent aber immer noch klar vor der CDU, die bei 34 Prozent bleibt. Die FDP wäre mit 6 Prozent weiterhin im Landtag vertreten, während die Linke mit 4 Prozent der Stimmen den Einzug in den Mainzer Landtag voraussichtlich verpassen würde.

Das sind die Spitzenkandidaten im Kurzporträt

Kurt Beck: Der SPD-Spitzenkandidat ist Deutschlands dienstältester Ministerpräsident. Bereits 1994 hat ihn der Landtag erstmals zum Regierungschef gewählt. Der 62-jährige Maurersohn aus der Südpfalz gilt als beliebter und bodenständiger Landesvater. Manche behaupten, Beck habe bereits der Hälfte der vier Millionen Rheinland-Pfälzer die Hand geschüttelt. Auf der Bundesbühne war er weniger erfolgreich: Nach seiner Wahl zum SPD-Bundesvorsitzenden 2006 trat er 2008 nach parteiinternen Verwicklungen zurück. Als größte Krise seiner Amtszeit als Chef der Landesregierung gilt die Nürburgring-Affäre. Die Privatfinanzierung des offiziell 330 Millionen Euro teuren Freizeitzentrums an der Rennstrecke war 2009 spektakulär gescheitert.

Julia Klöckner: Die CDU-Politikerin, die Kurt Beck herausfordert, ist jung und erfolgreich. Die 38-jährige Winzertochter stammt aus dem Nahetal und arbeitete bis vor kurzem als Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesagrarministerium mit dem Schwerpunkt Verbraucherschutz. Wegen des Wahlkampfes gab sie das Amt Mitte Februar auf. Die telegene und medial erfahrene CDU-Landeschefin ist schon als sehr junge Frau viel herumgekommen: Mitte der 90er-Jahre bereiste sie als Deutsche Weinkönigin die Weinbauregionen der Welt. Hierzulande arbeitete sie als Religionslehrerin und Journalistin, trat 1997 in die Junge Union ein und wurde 2002 erstmals Bundestagsabgeordnete. Ihr wird ein guter Draht zu Bundeskanzlerin Angela Merkel nachgesagt.

Herbert Mertin: Seine FDP-Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag ist die kleinste, sein Prestige als Redner der Opposition jedoch groß – nicht nur bei seinen Parteikollegen. Der Chef der einzigen Oppositionsfraktion hat sich als Kritiker der Landesregierung einen Namen gemacht. Für bundesweite Schlagzeilen sorgte Mertin Ende 2010, als er seinen Parteichef Guido Westerwelle als „Klotz am Bein“ bezeichnete. Sein rollendes „R“ und der Bart sind die Markenzeichen des 52-jährigen Koblenzer Rechtsanwalts, der in Chile geboren wurde. 1996 errang er einen Sitz im Landtag in Mainz. Drei Jahre später wurde er von Beck zum Nachfolger des aus gesundheitlichen Gründen zurückgetretenen Justizministers Peter Caesar (FDP) bestellt.

Eveline Lemke und Daniel Köbler: Die 46-jährige Unternehmensberaterin Lemke führt die Grünen in Rheinland-Pfalz seit 2006 an. Die gebürtige Hamburgerin bezeichnet ihre Partei als „Bewegung“ und möchte sich unter anderem in der Wirtschafts- und Umweltpolitik auf Landesebene profilieren. Sie saß von 2001 bis 2005 in der Gemeindevertretung im hessischen Neu-Anspach und im Kreistag des Hochtaunuskreises. Heute lebt Lemke in einer Patchworkfamilie mit vier Kindern im Ahrtal. Der 29 Jahre alte Köbler startete seine politische Laufbahn 2001 im Jugendverband der Grünen, seit 2004 sitzt er für die Partei im Mainzer Stadtrat. Der Politikwissenschaftler ist Vater zweier Kinder und bekennender „Tatort“-Fan. Als eines seiner Vorbilder nennt er Willy Brandt.

Robert Drumm und Tanja Krauth: Die Doppelspitze der Linken bilden der 60-jährige Drumm – einst einziger Bürgermeister der Linken in Westdeutschland – und Tanja Krauth. Drumm war lange Jahre Ortsbürgermeister des wenige Hundert Seelen-Ortes Ruthweiler im Kreis Kusel – wie schon einst sein Großvater. Früher war Drumm in der SPD, 2007 ging er zu den Linken. Damit war der Personalleiter des Westpfalz-Klinikums in Kusel auch nach eigenem Bekunden das erste Mitglied der Partei in Rheinland-Pfalz. Die 42-jährige Krauth, die Musicals und Theater als Hobby angibt, ist seit 2005 in der WASG. Derzeit ist die alleinerziehende Mutter einer Tochter unter anderem Linken-Kreisvorsitzende in Birkenfeld. Sie sieht ihre Aufgabe vor allem in der Friedenspolitik.

Mit Material von dpa/dapd/AFP