Die umstrittenen Äußerungen von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) haben auch innerhalb der schwarz-gelben Koalition für Aufruhr gesorgt.

Berlin. Die umstrittenen Äußerungen von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) haben auch innerhalb der schwarz-gelben Koalition für Aufruhr gesorgt. Der CDU-Abgeordnete Jens Spahn kritisierte im Sender N24 die kolportierten Aussagen Brüderles. "Da fällt mir nichts mehr ein als: einfach mal die Klappe halten." Wenn der FDP-Minister wirklich so denke wie beschrieben, sei dies umso schlimmer.

Der CSU-Abgeordnete Josef Göppel sagte "Spiegel Online", Brüderle untergrabe die Glaubwürdigkeit der Regierung. Er habe Sorge, dass damit viele Wähler gegen die CDU mobilisiert würden. Bei einer internen Runde am 14. März mit rund 40 Topmanagern beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) soll Brüderle nach Angaben der "Süddeutschen Zeitung" die Wende in der schwarz-gelben Atompolitik als "nicht rational" bezeichnet haben.

Während der Sitzung sei die Meldung hereingereicht worden, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach der Katastrophe im japanischen Kraftwerk Fukushima die von der Regierung erst 2010 verlängerten Laufzeiten für die deutschen Meiler aussetzen wolle. BDI-Präsident Hans-Peter Keitel habe daraufhin von Brüderle wissen wollen, was es damit auf sich habe.

Das Protokoll der Sitzung beschreibt Brüderles Reaktion so: "Der Minister bestätigte dies und wies erläuternd darauf hin, dass angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen Druck auf der Politik laste und die Entscheidungen daher nicht immer rational seien. Er sei ein Befürworter der Kernenergie in Deutschland und für ihn sei klar, dass die energieintensive Industrie in der Wertschöpfungskette gebraucht werde. Es könne daher keinen Weg geben, der sie in ihrer Existenz gefährde."

Brüderle bezeichnete das Protokoll gestern als falsch: "Uns Wahlkampfmanöver vorzuwerfen ist absurd." Auch BDI-Hauptgeschäftsführer Werner Schnappauf teilte mit, der Minister sei verkehrt wiedergegeben worden. Was er tatsächlich gesagt hatte, ließ Brüderle jedoch offen. Auch FDP-Chef Guido Westerwelle stellte sich vor seinen Parteikollegen. Der BDI habe erklärt, Brüderle falsch zitiert zu haben, sagte der Außenminister der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Dem ist nichts hinzuzufügen."

Die Opposition sah sich in ihrer Kritik bestärkt, Union und FDP hätten das Atom-Moratorium nur angesichts der Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg beschlossen. Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn forderte: "Stehen Sie endlich zu dem, was Sie wirklich meinen, und versuchen Sie hier nicht, die Leute mit unglaubwürdigen Ausreden zu vergackeiern." Der Fraktionschef der Linkspartei, Gregor Gysi kritisierte, die Bundesregierung treibe ein verantwortungsloses Spiel mit den Bürgern, indem sie sage: "Wegen der Landtagswahlen machen wir jetzt einmal eine Aussetzung, danach geht's im Kern so weiter."

Die Bundesregierung hat wegen der Ereignisse in Japan die sieben ältesten Reaktoren zunächst für drei Monate vom Netz genommen. In dieser Zeit sollen alle Kernkraftwerke einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen werden. Nach einer Emnid-Umfrage für N24 halten 69 Prozent der Deutschen das Moratorium für einen Wahlkampftrick. Nur 26 Prozent glauben, dass die Bundesregierung ernsthaft einen Ausstieg aus der Atomenergie prüft.