Zwei Opfer bei Befreiungsversuch auf der “Beluga Nomination“ aus Bremen. Reederverband fordert mehr Schutz von Regierung.

Bremen/Hamburg. Ein Versuch zur Befreiung des gekaperten Frachters "Beluga Nomination" der Bremer Beluga-Reederei ist blutig gescheitert. Ein Mitglied der ausländischen Besatzung und einer der somalischen Piraten wurden erschossen. Erstmals gibt es damit Todesopfer auf einem gekaperten deutschen Schiff. Das Schicksal der Besatzung ist weiter unklar. "Es gibt keine neuen Informationen", sagte eine Sprecherin der Reederei.

Für die internationalen Sicherheitskräfte entwickelte sich die Operation langsam zum Desaster. Ein von den Seychellen entsandtes Patrouillenboot und eine dänische Fregatte, die seit Dienstag das Beluga-Schiff verfolgten, eröffneten am Mittwoch das Feuer und töteten einen Piraten. Warum der Befreiungsversuch misslang oder abgebrochen werden musste, ist bislang nicht bekannt. Das Durcheinander auf der Brücke nach dem Schusswechsel konnten dann vier Besatzungsmitglieder zur Flucht nutzen. Der 2. Offizier gelangte zum Rettungsboot und katapultierte sich damit ins Meer, die anderen drei sprangen vermutlich über Bord. Einen fischte der Offizier später aus dem Wasser, die anderen beiden gelten seither als vermisst. "Wir hoffen, dass sie noch gefunden werden", sagte Beluga-Chef Niels Stolberg dem Bremer "Weser-Kurier".

Die Piraten bekamen Hilfe durch eines ihrer Mutterschiffe und haben die "Beluga Nomination" mit der noch siebenköpfigen Besatzung inzwischen zur somalischen Küste gesteuert. Von dort meldete sich jetzt erstmals der polnische Kapitän bei seiner Reederei, eine Lösegeldforderung wurde aber noch nicht erhoben. "Es ist grauenhaft", sagte Stolberg dem Bremer "Weser-Kurier" weiter. Informationen fließen auch eine Woche nach der Entführung rund 700 Kilometer nördlich der Seychellen nur äußerst spärlich. Was an Bord geschah, hat die Reederei erst aus den Schilderungen der beiden geretteten Seeleute und des Kapitäns erfahren. Ansonsten seien Informationsaustausch und Kommunikation gerade mit den Einsatzstäben der internationalen Seestreitkräfte "ein Desaster", klagte der Reeder.

Stolberg hatte bereits die ausbleibende Hilfe unmittelbar nach dem Angriff kritisiert, als sich seine Besatzung zweieinhalb Tage im Schutzraum verbarrikadiert hatte, bis die Piraten die Decke aufschweißten und die zwölf Männer als Geiseln nahmen. Doch nach dem Notruf des Schiffes sei keine konkrete Maßnahme erfolgt.

Zudem gab es am Wochenende im Indischen Ozean erneut einen Piratenangriff auf ein deutsches Schiff, der aber abgewehrt wurde. Die 27-köpfige Besatzung des Tankers "New York Star" der Hamburger Reederei CST erschwerte den Piraten mit Ausweichmanövern das Entern und brachte sich dann in einem Schutzraum in Sicherheit. Eine niederländische Fregatte griff ein. Die Tankerbesatzung blieb unverletzt. Sie war auf dem Weg von Saudi Arabien nach Singapur, wie die Reederei mitteilte.

Der Verband Deutscher Reeder (VDR) hat die Bundesregierung angesichts der aktuellen Piratenangriffe zum Handeln aufgefordert. "Die Bundesregierung steht nach unserem Grundgesetz und nach dem internationalen Seerechtsübereinkommen in der Verantwortung und hat die Pflicht, Seeleute auf Schiffen deutscher Reeder und die deutsche Handelsschifffahrt wirksam zu schützen", teilte der Verbandspräsident Michael Behrendt in Hamburg mit. "Selbst Japan, das wegen seiner Geschichte ebenso wie Deutschland strikt zwischen polizeilichen und militärischen Aufgaben trennt, hat zum Schutz gegen Piraterie den gemeinsamen Einsatz von Marine und Küstenwache auf Militärschiffen ermöglicht, und zwar unabhängig von der Flagge, die ein japanisches Handelsschiff führt", heißt es in der Mitteilung. Gegenwärtig hätten die Piraten mehr als 700 Seeleute in ihrer Gewalt.

Fünf mutmaßliche Piraten aus Somalia sind nach Südkorea gebracht worden, wo die Behörden ihnen den Prozess machen wollen. Den Männern wird vorgeworfen, Mitte Januar die "Samho Jewelry" im Arabischen Meer entführt und anschließend ein Lösegeld verlangt zu haben. Außerdem wird ihnen die versuchte Tötung des Kapitäns zur Last gelegt. Im Falle einer Verurteilung drohen ihnen lebenslange Freiheitsstrafen. Einem Prozess stehen den Behörden zufolge keine Hürden im Wege. Die Küstenwache beruft sich auf eine Uno-Konvention, laut der jedes Land berechtigt ist, Piraten auf internationalen Gewässern aufzugreifen.

In der vergangenen Woche hatte eine südkoreanische Spezialeinheit das Frachtschiff gestürmt und alle 21 Besatzungsmitglieder befreit. Bei dem Einsatz wurden acht Piraten getötet und fünf weitere festgenommen. Der südkoreanische Kapitän des Schiffes wurde bei der Aktion durch einen Bauchschuss verletzt und wird in einem Krankenhaus in seiner Heimat behandelt.