Bund und Länder wollen Kontrollen gemeinsam überwachen. Bundesministerin Aigner sieht Paradigmenwechsel. Kritik von den Grünen.

Berlin. Es waren harte und lange Diskussionen. Bis zum späten Nachmittag haben Bund und Länder gestern bei einem Gipfeltreffen in Berlin über einen gemeinsamen Aktionsplan nach dem Dioxin-Skandal beraten. Das Ergebnis ist ein 14 Punkte umfassender Maßnahmenkatalog, der künftig ähnliche Fälle vermeiden soll. "Wir werden Konsequenzen aus dem Dioxin-Skandal ziehen - und zwar schnell und entschlossen", sagte Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) bei der Vorstellung des Plans. Ziel seien die "europaweit höchsten Kontroll- und Sicherheitsstandards".

Zu den bedeutendsten Maßnahmen zählen mehr Sicherheit in der Futtermittelproduktion, eine Verbesserung der Eigenkontrollen in den Unternehmen, ein Überwachungssystem sowie mehr Transparenz und Rechte für die Verbraucher. Unter anderem soll das Verbraucherinformationsgesetz novelliert, Lebensmittelwarnungen im Internet veröffentlicht werden.

Wichtigster Punkt des Aktionsplans ist die Beteiligung des Bundes an der Überprüfung der Wirksamkeit der Kontrollen bei Futtermittelherstellern. Zwar ist die Kontrolle selbst noch immer Sache der Länder, eine "unabhängige und transparente Auditierung", so Aigner, nun jedoch gemeinsame Aufgabe. Ziel sei es, so einen Wettbewerb um die wirksamsten Kontrollen unter den Ländern herzustellen. "Beim PISA-Test hat es auch ganz gut funktioniert", so Aigner. Zuvor hatte es über diesen Punkt heftige Diskussionen gegeben. Während die Ministerin eine stärkere Mitwirkung des Bundes bei der Kontrolle gefordert hatte, kam von einigen Ländern Widerstand. Aigner nannte die Einigung einen "Paradigmenwechsel".

Kritik an der Vereinbarung kam von Grünen-Chefin Claudia Roth. "Verbraucherministerin Ilse Aigner verheddert sich im Kleinkrieg mit den Länderministern, statt ein wirkungsvolles und abgestimmtes Krisenmanagement beim Dioxin-Skandal anzuführen", sagte Roth dem Hamburger Abendblatt. "Noch bleibt sie den Nachweis schuldig, auch gegen Lobbyinteressen wirklich strengere Kontrollen und Regelungen durchzusetzen." Der Aktionsplan der Verbraucherschutzminister sieht weiterhin eine Überprüfung des Strafrahmens für Verstöße gegen die Bestimmungen zur Futtermittelsicherheit vor. Futtermittelbetriebe sollen nach dem Willen der Minister künftig einer Zulassungspflicht unterliegen. Die Trennung der Produktionsströme von Fetten sowie verbindliche Vorgaben für Eigenkontrollen ist ebenso vorgesehen. Aigner kündigte an, bei der Umsetzung dieses Aktionsplans Tempo zu machen. Der Großteil der Maßnahmen soll noch im ersten Halbjahr 2011 umgesetzt werden. Aigner will den Plan am heutigen Mittwoch im Bundeskabinett vorstellen.

Roth sagte, Aigner habe "immer noch nicht verstanden, dass wir einen Systemwechsel weg von einer industrialisierten Nahrungsmittelproduktion hin zu einer bäuerlichen und ökologischen Landwirtschaft brauchen", die auf Qualität und Regionalität setze.