Minister beraten heute über Dioxin-Krise. Seehofer und Rumpf für einheitliches Vorgehen der Länder. Bundeskanzlerin Merkel schaltet sich ein.

Berlin. Vor der heutigen Sonderkonferenz von Bund und Ländern zum Dioxin-Skandal hat Bundesverbraucherministerin an die Bundesländer appelliert, bei den geplanten Maßnahmen der Bundesregierung zu kooperieren. Dem Abendblatt sagte Aigner: "Ich will mehr Sicherheit für die Verbraucher. Mein Aktionsplan ist konkret ausgearbeitet - viele Punkte können schnell umgesetzt werden, wenn wir jetzt an einem Strang ziehen." Sie sehe in Union und FDP ein hohes Maß an Übereinstimmung, machte Aigner deutlich. Ihr Aktionsplan decke sich in vielen Punkten auch mit den Vorstellungen von SPD und Grünen. Deshalb sei sie zuversichtlich, dass man heute zu einem guten Ergebnis kommen werde.

Zu den von der Agrarministerin geforderten Maßnahmen gehört die deutliche Erhöhung der Sicherheitsstandards in der Futtermittelkette und die Verschärfung der Melde- und Kontrollpflichten. Die Ministerin stellte noch einmal die Punkte vor, die umgesetzt werden sollen. "Mein Maßnahmenkatalog umfasst unter anderem eine Zulassungspflicht für Futtermittelbetriebe, eine strikte Trennung der Produktionsströme, die Ausweitung rechtlicher Vorgaben für die Futtermittelkontrolle, eine Meldepflicht für private Labors, eine verbindliche Positivliste in Europa und eine Überprüfung des Strafrahmens bei Rechtsverstößen." Außerdem müsse das Dioxin-Frühwarnsystem ausgebaut, die Transparenz für Verbraucher erhöht und die Qualität der Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung länderübergreifend verbessert werden, so Aigner.

Bei dem Treffen in der Thüringischen Landesvertretung werden die Bundesministerin und die Agrar- und Verbraucherminister aus den Ländern über die Umsetzung dieser Forderungen beraten. In Deutschland ist die amtliche Kontrolle von Futtermitteln bislang Aufgabe der Länder. Zuständig sind entweder Oberbehörden wie Landesämter, Mittelbehörden wie Bezirksregierungen oder Verwaltungsbehörden wie Landkreise. Die Behörden in den Ländern sind zudem für die Zulassung und Registrierung von Futtermittelunternehmen zuständig. Sie suchen auch die staatlichen und privaten Laboratorien aus, die die amtlichen Futtermittelproben untersuchen. Ein Umstand, der zu unterschiedlichen Kontrollmechanismen von Land zu Land führt und auf wachsende Kritik stößt.

Nach Bayerns Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) sprach sich auch Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsministerin Juliane Rumpf (CDU) für ein einheitliches Vorgehen der Länder im Dioxin-Skandal aus. "Schleswig-Holstein spricht sich für eine ländereinheitliche Risikobewertung der Futtermittelbetriebe aus", sagte Rumpf dem Abendblatt. Sie betonte: "Unsere Absicht ist, die noch vorhandenen Lücken im Sicherheitsnetz bei der Futtermittelüberwachung schnell und effektiv zu schließen." Hierzu habe Schleswig-Holstein bereits Vorschläge gemacht, die sich in weiten Teilen mit Frau Aigners Aktionsplan deckten, teilweise aber darüber hinausgingen, so Rumpf. Die CDU-Politikerin mahnte ihre Länderkollegen, den Aktionsplan rasch umzusetzen. "Wenn ich mir ansehe, was auch aus anderen Ländern bereits an Ideen gekommen ist, sollten wir ohne große Probleme zu einer Einigung im Sinne der Verbraucher kommen. Das ist mein Ziel. Ich denke, das erwarten die Menschen auch von uns." Daher hoffe sie, dass bei der heutigen Runde niemand der Versuchung erliegen werde, dieses wichtige und ernste Thema zur parteipolitischen Profilierung zu missbrauchen, sagte Rumpf weiter.

Unterdessen bemühen sich Aigner und Niedersachsen um die Beilegung ihres Streits. Die CSU-Politikerin verzichtete gestern auf die Wiederholung ihrer Forderung, die Verantwortlichen in Niedersachsen zu entlassen, die ihr am Freitag die neuen Fälle verschwiegen hätten. Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) erklärte, sein Land werde die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Bund fortsetzen. Regierungssprecher Steffen Seibert bestätigte, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sich am Wochenende eingeschaltet und sowohl mit Aigner als auch mit McAllister telefoniert hatte. "Es waren Informationsgespräche", so Seibert. Einem Bericht der "Bild" zufolge wollte Merkel mit dem Gespräch für "Ruhe" zu sorgen.