Ab Sonnabend ist Deutschland Mitglied im Weltsicherheitsrat. Der Außenminister will “dauerhaft mehr Verantwortung“.

Berlin. Es ist das fünfte Mal seit der Premiere 1977, dass Deutschland am Tisch der Mächtigen Platz nehmen darf. Doch nie zuvor war es der Bundesregierung derart wichtig, den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York neu aufzustellen.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) geht wenige Tage vor dem Beginn der deutschen Mitgliedschaft in dem Gremium in die Offensive. "Eine nachhaltige Reform des Sicherheitsrates ist so notwendig wie überfällig", sagte Westerwelle dem Hamburger Abendblatt. Er verdeutlichte, dass er die momentane Aufstellung aus fünf ständigen und zehn nicht ständigen Mitgliedern für überholt hält. "Um glaubwürdig zu bleiben, muss der Sicherheitsrat die Realitäten der heutigen Welt widerspiegeln. Die Länder Afrikas, Lateinamerikas und Asien müssen im Sicherheitsrat ein größeres Gewicht bekommen", forderte Westerwelle konkret. Neben Deutschland werden etwa auch Indien und Südafrika ab dem 1. Januar für zwei Jahre dem Sicherheitsrat angehören. Dagegen wird Japan vorerst wieder aus dem Gremium ausscheiden.

Die Bundesrepublik war im Oktober von der Uno-Vollversammlung in den Sicherheitsrat gewählt worden. Zuletzt saß Deutschland in den Jahren 2003 und 2004 in der Runde. Die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs, die USA, Russland, Großbritannien, Frankreich sowie China sind die einzigen permanenten Mitglieder und haben allein das Recht auf ein Veto, mit dem sie jede Entscheidung des Rats blockieren können. Westerwelle erklärte erneut den Willen Deutschlands, als drittgrößter Beitragszahler langfristig eine entsprechend größere Rolle einzunehmen.

"Deutschland steht zu seiner Bereitschaft, im Rahmen der Reform dauerhaft mehr Verantwortung zu übernehmen. Unser langfristiges Ziel ist ein gemeinsamer europäischer Sitz", sagte der Außenminister. "Wir möchten die europäische Stimme in den Vereinten Nationen und im Sicherheitsrat stärken", kündigte der Vizekanzler an. "Unser Ziel ist ein geschlossenes Auftreten im Sicherheitsrat und eine enge Abstimmung der EU-Partner in New York." Welche Weltkonflikte auf Deutschland nun zukommen werden, bleibt abzuwarten: 2003 stimmte Deutschland - wie die Mehrheit des Rates - gegen eine Invasion der USA in den Irak und verärgerte damit den Verbündeten. Sollte in den kommenden zwei Jahren der Atomstreit mit dem Iran eskalieren, muss Deutschland womöglich wieder über eine militärische Bestrafung abstimmen.

Noch ist keine Sondersitzung des Sicherheitsrates anberaumt, doch schon bald könnte Westerwelle außerplanmäßig nach New York reisen müssen. Mit Sorge blickt das Auswärtige Amt auf das am 9. Januar geplante Referendum über die Unabhängigkeit des Südsudan vom Norden des Landes. Der ganze Vorgang berge ein erhebliches Destabilisierungspotenzial nicht nur für den Sudan, sondern für die gesamte Region, heißt es aus dem Ministerium.

Auch Westerwelle zeigte sich alarmiert: "Schon im Januar sind die Vereinten Nationen und ganz besonders der Sicherheitsrat mit dem Referendum über die Unabhängigkeit des Südsudan stark gefordert. Wir müssen verhindern, dass das größte afrikanische Flächenland in Instabilität abgleitet", warnte der Außenminister.

Auch vor diesem Hintergrund betonte Westerwelle, dass Deutschland ab dem 1. Januar außenpolitisch "in besonderer Verantwortung" stehe. "Unsere Wahl in den Sicherheitsrat ist ein erfreulicher Vertrauensbeweis der Staatengemeinschaft in unser Land. Wir verstehen diese Wahl als Auftrag, politisch noch mehr internationale Verantwortung zu übernehmen." Bei der Beilegung von Konflikten werde man auch im Sicherheitsrat auf politische Lösungen dringen, kündigte er an. Und der Minister machte deutlich, welchen Charakter die deutsche Mitgliedschaft im Sicherheitsrat haben soll: "Wir stehen für eine Kultur der militärischen Zurückhaltung."

Ein weiterer Charakterzug Deutschlands im Uno-Gremium soll nach Worten Westerwelles Transparenz sein. "Ein Gremium mit so weitreichenden Befugnissen wie der Sicherheitsrat braucht Transparenz, damit seine Entscheidungen akzeptiert und umgesetzt werden. Wir werden deshalb unsere Mitgliedschaft im Sicherheitsrat offen und transparent gestalten", so seine Ankündigung. Deutschlands Vertreter am Ratstisch würden die Sorgen und Anliegen aller 192 Mitglieder der Vereinten Nationen ernst nehmen.