De Maizière hält Fristen, Umfang und Zugriff beim Datensammeln für verhandelbar. Ihm sei sehr daran gelegen, zu einer Lösung zu kommen.

Hamburg. Nach monatelangem Streit um die Vorratsdatenspeicherung zeichnet sich innerhalb der schwarz-gelben Regierungskoalition womöglich die Chance für eine Einigung ab. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zeigt sich jetzt unter anderem bei der Mindestspeicherfrist für die Telefon- und Internetverbindungsdaten kompromissbereit. Der Koalitionspartner FDP begrüßte zwar das Verhandlungsangebot, das Justizministerium sprach sich allerdings erneut gegen eine anlasslose Speicherung von Kommunikationsdaten aus.

Im März hatte das Bundesverfassungsgericht das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung gekippt. Seitdem dürfen Verbindungsdaten aus dem Telefon- und Internetverkehr nicht mehr ohne konkreten Verdacht für sechs Monate abgespeichert werden. Die Richter erkannten aber auch an, dass die Daten "für eine effektive Strafverfolgung und Gefahrenabwehr von besonderer Bedeutung" seien. Eine Speicherung für sechs Monate sei daher möglich, wenn die Voraussetzungen strikt definiert würden. Union und FDP streiten seither über eine Neuregelung.

In der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte de Maizière nun, ihm sei "sehr daran gelegen, dass wir beim Thema Vorratsdatenspeicherung fast zehn Monate nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts endlich zu einer Lösung kommen". Er nannte mehrere Punkte, in denen er "kompromissbereit" sei: die Mindestspeicherfrist für Telefon- und Internetverbindungsdaten, den Umfang der gespeicherten Verkehrsdaten sowie "mögliche Zugriffshürden für die Strafverfolger". Der Innenminister betonte, ein Abruf aller bei den Providern gespeicherten Verbindungsdaten käme nur bei schwerer Kriminalität in Betracht. Er könne sich auch vorstellen, bei der Strafverfolgung auf die Speicherung oder den Abruf von Standortdaten zu verzichten, die beim Telefonieren mit dem Handy anfallen. Am wichtigsten sei die Möglichkeit, auch rückwirkend an die Bestandsdaten über die IP-Adressen, also die Namen der Nutzer, zu gelangen. Dies sei grundrechtlich am wenigsten problematisch. De Maizière will also weiterhin Daten von allen Anschlüssen speichern lassen, dafür aber die Menge und den Zugang zu diesen Daten eingrenzen.

Den von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ins Spiel gebrachten Ansatz eines raschen Einfrierens von Verbindungsdaten beim konkreten Verdacht auf Straftaten bezeichnete er daher als untauglich. Bei "Quick Freeze" werden Daten, die die Telekommunikationsfirmen ohnehin für eigene Zwecke erfassen, vorübergehend gesichert und den Fahndern zur Verfügung gestellt - falls bereits ein konkreter Verdacht besteht.

Dem Innenminister zufolge speichern aber derzeit die Telefon- und Internetanbieter die Verkehrsdaten in der Regel nur noch wenige Tage lang. "Auf Anordnung der Strafverfolger lassen sich nur jene Daten einfrieren, die zu diesem Zeitpunkt nicht bereits gelöscht sind", sagte de Maizière. Insofern laufe die Quick-Freeze-Regelung "weitgehend ins Leere".

De Maizière verwies auf eine EU-Richtlinie, die eine Mindestspeicherfrist von sechs Monaten für Telefon-, Handy- und Internetverkehrsdaten vorsieht. Im Rahmen einer Kompromisslösung sei es denkbar, diese Vorschrift in Deutschland gestaffelt nach Nutzungsarten zu gestalten, wenn die EU-Kommission dem zustimme.

Hartfrid Wolff, innen- und rechtspolitischer Experte der FDP-Bundestagsfraktion, begrüßte das Entgegenkommen des CDU-Ministers. "Für konstruktive Lösungen bin ich zu haben, den Vorschlag werden wir daher gründlich prüfen", sagte Wolff dem Hamburger Abendblatt.

Zugleich stellte er Bedingungen: "Wichtig ist, dass wir eine anlassbezogene Speicherung hinbekommen, um von der allgemeinen Speicherung aller Daten wegzukommen." Von der Quick-Freeze-Methode wolle er sich noch nicht verabschieden, so Wolff. Es sei nach wie vor eine gute Variante, um anlassbezogen auf Daten zugreifen zu können. Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger lehne jegliche Speicherung ohne konkreten Anlass weiterhin ab, wie ein Sprecher ihres Hauses bekräftigte. Bislang kenne man den Kompromissvorschlag von Innenminister de Maizière erst aus der Zeitung, sagte der Sprecher dem Abendblatt. "Wir gehen aber davon aus, dass das Bundesinnenministerium uns den Vorschlag aber bald zukommen lässt", fügte er hinzu.