Die Liberalen in Rheinland-Pfalz wollen nicht, dass der Parteichef für sie Werbung macht. Rücktrittsforderungen werden erneut laut.

Berlin. Die parteiinterne Kritik an FDP-Chef Guido Westerwelle reißt nicht ab. Nachdem sich vergangene Woche bereits Schleswig-Holsteins Fraktionschef Wolfgang Kubicki mit deutlichen Worten an Westerwelle gewandt hatte, folgt jetzt der Spitzenkandidat der Liberalen in Rheinland-Pfalz, Herbert Mertin. Westerwelle sei seit einigen Monaten wie ein "Klotz am Bein" der FDP - und die Stimmung derzeit nicht so, dass ein Auftritt Westerwelles im aktuellen Landtagswahlkampf "an der Basis als hilfreich angesehen wird", sagte Mertin "Spiegel Online".

Rheinland-Pfalz wählt am 27. März des kommenden Jahres einen neuen Landtag. Mertin erklärte, sein Landesverband habe bisher nicht um einen Auftritt Westerwelles im Wahlkampf gebeten. "Ich kann mich nicht erinnern, jemals einen solchen Wunsch geäußert zu haben", so Mertin.

Die Wahlen in Rheinland-Pfalz finden zeitgleich mit den Landtagswahlen in Baden-Württemberg statt. Mehrere Mitglieder der dortigen FDP drängten Westerwelle gestern in einem offenen Brief zum Rückzug. Er solle spätestens auf dem Dreikönigsparteitag Anfang Januar in Stuttgart ankündigen, dass er nicht wieder für den Parteivorsitz kandidiere, heißt es darin laut "Südwest Presse". Für die Wahlkämpfer im Land wäre ein solches Signal "eine Chance, das Negativimage abzustreifen", das "leider" mit Westerwelles Person medial verbunden sei "und das sich bedauerlicherweise anders nicht mehr ändern" lasse. Vor dem Superwahljahr 2011, in dem sieben Landtagswahlen abgehalten werden, wird diese Sicht jedoch nicht von allen Landesverbänden der Liberalen geteilt. "Guido Westerwelle ist in unserem Landesverband immer herzlich willkommen", sagte der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion im Bundestag und Landesparteichef in Mecklenburg-Vorpommern, Christian Ahrendt, dem Abendblatt. "Er hat uns bei vorherigen Wahlkämpfen immer unterstützt, und das wird auch im kommenden Jahr so sein." Am 4. September wird in Mecklenburg-Vorpommern ein neues Landesparlament gewählt. Ahrendt hob hervor: "Wir bauen auf Guido Westerwelle."

Die gegenwärtige Debatte um den Parteivorsitzenden sei überhaupt nicht hilfreich. "Damit gewinnt man keine Wahlen", so Ahrendt. Die Kritik an Westerwelle sei Sand im Getriebe aller Landesverbände, die derzeit vor einer Wahl stehen." Nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern, sondern auch in der Bundespartei herrsche Entsetzen über die Diskussion, "die jetzt manche über Herrn Westerwelle führen".

Der Fraktionsvorsitzende und Spitzenkandidat der FDP im Landtag von Sachsen-Anhalt, Veit Wolpert, sagte, er könne die Kritik aus Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg nachvollziehen. "Die mussten schmerzhafte Verluste in den Umfragen hinnehmen. Auch deshalb, weil die Koalition in Berlin zwar einige gute Ergebnisse erzielt hat, aber die FDP dabei keine gute Figur abgegeben hat", sagte Wolpert dem Abendblatt. In Sachsen-Anhalt wird bereits am 20. März gewählt. "Die Liberalen haben viel erreicht, wie Aussetzung der Wehrpflicht oder Westerwelles Einsatz für einen Platz Deutschlands im Uno-Sicherheitsrat. Aber bei der entscheidenden Steuerreform haben wir unsere Hausaufgaben nicht gemacht", so Wolpert. "Ich erwarte von der Parteispitze hier eine klare Ausrichtung für das kommende Jahr." Westerwelle wird bei der Abschlussveranstaltung im Wahlkampf in Sachsen-Anhalt sprechen. Die Landespartei plant zudem weitere Termine mit dem Parteivorsitzenden. Auch in Bremen, wo im Mai gewählt wird, ist ein Auftritt Westerwelles nach bisheriger Planung vorgesehen, wie der Chef der dortigen Landes-FDP, Oliver Möllenstädt, auf Abendblatt-Anfrage bestätigte.

Wichtiger Stimmungstest vor den Wahlen wird das traditionelle Dreikönigstreffen im Stuttgarter Opernhaus sein. Jedes Jahr kommen die Liberalen am 6. Januar zu ihrem politischen Jahresauftakt zusammen. Für Westerwelle ist es bereits das 16. Dreikönigstreffen - und vielleicht sein härtestes. Das liegt auch daran, dass die FDP ein nur wenig ruhmreiches Jahr hinter sich hat. Zu den inneren Querelen um Westerwelle kommen die Reibereien mit dem Koalitionspartner: Immer wieder sind Liberale und Union bei zentralen Fragen uneins - vor allem, wenn es um Steuersenkungen geht.

Zudem sind die Umfragewerte seit Wochen im Keller . Aktuell kommt die Partei auf vier Prozent und würde damit nicht in den Bundestag einziehen. Im Vergleich zum Wahlergebnis 2009, als die FDP auf 14,6 Prozent kam, ist das ein steiler Absturz. Er befeuert die Suche nach einem Schuldigen - und die Forderung nach einer Lösung des Problems.