Wirtschaftsminister will Bündnis von Wirtschaft, Forschung und Politik. Datenschützer fordert Verfallsdatum für Internet-Daten.

Dresden. Nach seinen Kollegen aus dem Justiz-, Innen- und Verbraucherschutzministerium hat sich nun auch Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle am politischen Schaulaufen um mehr Datenschutz und -sicherheit beteiligt. Auf dem fünften Nationalen IT-Gipfel kündigte Brüderle in Dresden an, er werde demnächst in seinem Ministerium eine Arbeitsgruppe zum Thema Sicherheit in der Datenverarbeitung für die Wirtschaft einrichten, die Strategien dazu entwickeln solle.

" IT-Sicherheit ist nicht nur eine sicherheitspolitische Aufgabe, sondern auch eine wirtschaftspolitische Aufgabe", sagte der FDP-Politiker. Deutschland habe mit seiner besonderen Sensibilität für dieses Thema gute Chancen, starke Lösungen zu entwickeln und zu bieten. "Deshalb werden wir hier der Welt besonders gute und sichere Lösungen präsentieren können", kündigte er an. Die eintägige Konferenz hat die Förderung von Informationstechnik und Digitalisierung zum Ziel. Im Blick der rund 600 Teilnehmer stehen Fragen wie der Schutz der persönlichen Daten, der IT-Standort Deutschland oder die Digitalisierung im Gesundheitswesen.

Ohne einen ausreichenden Schutz werde man das Vertrauen ins Internet erschüttern und damit dessen wirtschaftliche Potenziale nicht ausschöpfen können, mahnte Brüderle. Die Bundesregierung setze auf die Informations- und Kommunikationstechnik als Garant für ein langfristig kräftiges Wachstum. "Wir wollen diesen Wachstumspfad halten und weiter ausbauen", erklärte der Minister. "Mit der Informations- und Kommunikationstechnologie haben wir das Instrument." Um die Branche weiter voranzubringen, sei ein Schulterschluss von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft notwendig. Unterdessen prognostizierte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) ein massives Jobwachstum durch IT-Investitionen. "Allein der Ausbau des Breitband-Internets wird mindestens 30 Milliarden Euro an Investitionen freisetzen und rund 250 000 neue Arbeitsplätze schaffen", sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Werner Schnappauf anlässlich der Konferenz in Dresden. Starke Investitionen erwartet der BDI etwa durch die flächendeckende Einführung der Gesundheitskarte. Seit 1997 bis zum Krisenjahr 2008 ging laut BDI jährlich ein Viertel des deutschen Wirtschaftswachstums auf den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik zurück.

In den Tagen zuvor hatten sich Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) zum Thema Datenschutz zu Wort gemeldet. Während Aigner sich für eine grundsätzliche Verankerung von Einwilligungs- und Widerspruchsrechten im Datenschutzrecht aussprach, wandte sich de Maizière gegen zu strenge Vorgaben beim Schutz der Persönlichkeitsrechte.

Diese moderate Linie verteidigte der Innenpolitiker gestern in Dresden. Man wolle nicht die Möglichkeiten der Branche unnötig erschweren, sagte de Maizière. "Deswegen müssen wir hier behutsam vorgehen", sagte der Minister. Gesetzlich solle eine "rote Linie" bei der Veröffentlichung von Persönlichkeitsprofilen gezogen werden. Diese Linie bereits bei der Erhebung und der Speicherung zu ziehen halte er für wenig sinnvoll und wegen des internationalen Charakters des Internets kaum kontrollierbar.

Der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Peter Schaar, kritisierte daraufhin Innenminister de Maizière. Von zentraler Bedeutung sei, dass Nutzer- und Persönlichkeitsprofile nur dann angelegt werden dürften, wenn der Betroffene ausdrücklich zugestimmt habe, sagte Schaar dem Hamburger Abendblatt. "Demgegenüber reicht mir der Vorschlag des Bundesinnenministers de Maizière, eine Einwilligung erst bei Veröffentlichung derartiger Profile zu verlangen, nicht aus." Schaar forderte, das Datenschutzrecht müsse internetfähig gemacht werden. "Dazu gehört ein gesetzlicher Anspruch auf Widerspruch bei Geodatendiensten, die Möglichkeit, ein Verfallsdatum an Internet-Daten anzubringen, und weitere technische Möglichkeiten, die Daten effektiv zu schützen", sagte Schaar.