Der SPD-Fraktionsvorsitzende Steinmeier hatte seiner Frau eine Niere gespendet. Beiden geht es gut - jetzt arbeitet er wieder.

Berlin. Ende August verabschiedete sich Frank-Walter Steinmeier überraschend von der politischen Bühne mit den Worten: „Gehen Sie davon aus, dass Sie mich in alter Frische wiedersehen“. Und Der genesene Patient hält Wort. Bereits am Mittwoch wird der SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag zur Regierungserklärung Merkels zu Europa antworten.

Der Grund für die abrupte Auszeit sorgte für viel Aufsehen und Anerkennung: Der 54-Jährige SPD-Fraktionschef ließ sich in der Berliner Charité eine Niere entfernen. Das gesunde Organ wurde dann seiner schwer kranken Frau Elke Büdenbender eingepflanzt, um ihr die sonst unvermeidliche Dialyse zu ersparen.

Der Eingriff verlief ohne Komplikationen. Beide zogen sich nach der Entlassung aus dem Krankenhaus zur gemeinsamen Reha zurück, um sich auf das leicht veränderte Leben einzustellen. Steinmeier, der einige Pfunde verloren hat, fuhr noch ein paar Tage mit seiner Tochter in die Ferienwohnung nach Südtirol. Seine 48-jährige Frau blieb zu Hause im Berliner Süden. Die Richterin soll auf ärztlichen Rat hin vorläufig größere Menschenmengen meiden, weil ihr Immunitätssystem noch geschwächt und eine Gewebeabstoßung weiter nicht auszuschließen ist. Der zumindest angedachte gemeinsame Besuch beim Bundespresseball im November dürfte deshalb wohl ausfallen.

Obwohl bereits zahlreiche Einladungen vorliegen, haben die Steinmeiers über eventuelle gemeinsame Auftritte in Fernseh-Talkshows noch nicht entschieden. Hinter den Kulissen ist schon seit längerem ein scharfer journalistischer Wettbewerb im Gange, wer den Zuschlag für das erste Interview bekommt. Auf keinen Fall will man sich etwa die derzeitigen Inszenierungen des Ehepaars Guttenberg in den Medien dabei zum Vorbild nehmen.

Steinmeier selbst hat deshalb entschieden, sich mit „Business as usual“ zurückzumelden. Am Montagnachmittag leitet er erstmals wieder den Fraktionsvorstand, einen Tag später die Gesamtfraktion. Vorher will er zusammen mit Parteichef Sigmar Gabriel auf einer Pressekonferenz das erste Jahr der schwarz-gelben Bundesregierung sicher nicht besonders nachsichtig kommentieren.

Am Mittwoch wird er im Bundestag auf die Regierungserklärung der Kanzlerin zu Europa antworten – ein Thema, um das er sich künftig selbst stärker kümmern will. Abends diskutiert er mit Deutsche-Bank- Chef Josef Ackermann und Ex-Finanzminister Peer Steinbrück. Gemeinsam mit seinem Vorgänger Joschka Fischer will der Ex-Außenminister am Donnerstag ein Buch vorstellen, in dem das bislang dunkle NS-Kapitel im Auswärtigen Amt beleuchtet wird.

Dass vorübergehendes Abtauchen Spitzenpolitikern nicht unbedingt schaden muss, diese für ihn erfreuliche Erfahrung machte Steinmeier jedenfalls. Wohl auch wegen der großen Resonanz auf die Organspende behauptet sich der Oppositionsführer in den Popularitäts-Ranglisten hinter Karl Theodor zu Guttenberg (CSU) seit Wochen ganz oben.

Nicht wenige Parteifreunde zeigen sich auch angesichts stagnierender SPD-Umfragewerte über die Rückkehr jedenfalls erleichtert. Steinmeiers Vertreter Joachim Poß hat seine Sache nach allgemeinem Urteil ganz ordentlich gemacht. Andere Partei- und Fraktionsgrößen hielten sich mit eigenen Aktivitäten in letzter Zeit auffällig zurück. Dass die Grünen inzwischen der SPD in Umfragen gefährlich nahe rücken, wird auch darauf zurückgeführt.

In der Sarrazin-Debatte und bei anderen Gelegenheiten war die fehlende ordnende Hand des Fraktionschefs in der SPD spürbar. Mit Gabriel stand er während seiner Abwesenheit zwar ständig per SMS in Kontakt. Das änderte aber nichts an dem einen oder anderen eher unüberlegten Vorstoß des Parteichefs. Um allen denen den Wind aus den Segeln zu nehmen, die ohnehin von einem wachsenden Konkurrenzkampf zwischen beiden um die Kanzlerkandidatur für 2013 ausgehen, wurde deshalb gleich der Auftritt im Doppelpack vor der Berliner Presse für Dienstag vereinbart.