Der Chef der Hamburger Innenbehörde sowie Sicherheitsexperten über Bandenkriminalität besorgt. Vahldieck fordert härteres Vorgehen.

Wiesbaden. Der Chef der Hamburger Innenbehörde, Heino Vahldieck (CDU), fordert ein härteres Vorgehen gegen Geschäfte krimineller Rocker-Vereinigungen. "Eine moderate Umkehr der Beweislast zur Bekämpfung der Geldwäsche darf kein Tabu mehr sein", sagte Vahldieck auf der Herbsttagung des Bundeskriminalamts (BKA) in Wiesbaden zum Thema Gewalt.

Der Innensenator, der derzeit auch Vorsitzender der Innenministerkonferenz der Länder ist, sprach sich für ein Modell wie in den Niederlanden aus, wo die Polizei bei Verdacht auf Geldwäsche zuerst alle Vermögen einziehe und erst dann das Verfahren eröffne. So werde verhindert, dass illegal erworbene Gelder ins Ausland geschafft werden könnten. Vahldieck bezog sich bei seinem Vorstoß auf Motorradbanden wie die Hells Angels oder die Bandidos. "Es handelt sich hier um Schwerverbrecher, die auch vor schwerster Gewalt nicht zurückschrecken", warnte Vahldieck. Der Senator lobte das in Hamburg geltende Verbot der Hells Angels als "nachhaltig und wirksam" und kündigte an, dass sich die kommende Konferenz der Innenminister Mitte November in Hamburg wieder mit dem Thema der Rockerbanden beschäftigen werde.

Dass von Banden wie den Hells Angels immer noch eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, bestätigte auch BKA-Chef Jörg Ziercke. Das Sicherheitsempfinden der Bundesbürger werde durch die rund 90 kriminellen Rockerbanden in Deutschland empfindlich beeinträchtigt. "Es handelt sich hier um organisierte Kriminalität, um internationalen Drogen- und Menschenhandel." Gegen rund 880 Verdächtige der Rockerszene ermittelten die Behörden im vergangenen Jahr in Deutschland. Schwerpunkte der 360 Ermittlungsverfahren waren Körperverletzungen, Erpressungen und Bedrohungen, wie Ziercke sagte. Eine Umkehr der Beweislast beim Verdacht auf Geldwäsche bezeichnete der Behördenchef als "einschneidenden Schnitt ins deutsche Recht". Italien habe allerdings nach jahrzehntelangem Kampf gegen die Mafia große Erfolge mit einer Gewinnabschöpfung der illegalen Profite erzielt, gab er zu bedenken.

Ein weiteres Thema der Tagung war der islamistische Terror. Nach Angaben des BKA-Präsidenten ist die Gefahr von Anschlägen islamistischer Terroristen in Deutschland "präsenter denn je". Ziercke sagte: "Heute besteht eine abstrakt hohe Bedrohung." Dies zeige etwa die Zahl der Ermittlungsverfahren, die seit 2001 ständig gewachsen sei und sich auf derzeit 352 belaufe. Die Behörden hätten allein in diesem Jahr die Ausreise von 20 bis 30 Verdächtigen mit dem mutmaßlichen Ziel einer Terrorausbildung im Ausland verhindern können, etwa 40 Personen hätten aber nicht mehr aufgehalten werden können. Die auf rund 1000 geschätzten gewaltbereiten Islamisten "können wir nicht alle rund um die Uhr bewachen", räumte Ziercke ein. Er forderte mehr Mittel für Aussteigerprogramme und stärkere Zusammenarbeit mit Moscheenvereinen. "Die Polizei kann hier nur ein Akteur unterer mehreren sein."

Sorgen bereiten Deutschlands oberstem Polizisten aber auch die Zunahme von Gewalttaten aus dem links- und rechtsextremistischen Umfeld. "Jeden Tag geschehen in Deutschland zwei bis drei Angriffe mit fremdenfeindlichem, rassistischem oder antisemitischem Hintergrund", sagte Ziercke. Im vergangenen Jahr seien rund 9000 Menschen dieser Szene zugeordnet worden, dem linksextremen Spektrum dagegen 6600, darunter 6100 Autonome. Derzeit zeichneten sich vor allem die Angriffe von Rechtsextremen durch ihre Brutalität gegen Personen aus.

Dafür verübten Linksextreme seit fünf Jahren mehr Gewalttaten, zudem wachse im linken Milieu die Akzeptanz von Gewalt wie bei dem Anschlag auf eine Hamburger Polizeiwache in diesem Jahr. "Das geht an den Rand dessen, was wir uns vorstellen können, hier wird der Tod von Menschen in Kauf genommen", sagte Ziercke.