Koalition einigt sich auf härtere Strafen für Zwangsehen. Sprachkurse werden Pflicht. Caffier: “Strengeres Maß bei Abfragen des Erlernten“.

Berlin. Die Bundesregierung erhöht den Druck auf integrationsunwillige Ausländer. Bereits morgen will das Bundeskabinett Neuregelungen im Zuwanderungs-, Ausländer- und Aufenthaltsrecht auf den Weg bringen. Das kündigte Regierungssprecher Steffen Seibert an. Geplant ist unter anderem, einen eigenen Straftatbestand für Zwangsverheiratungen zu schaffen und Scheinehen effektiver zu bekämpfen. Außerdem soll härter gegen Verweigerer von Integrationskursen vorgegangen werden. Sprachkurse sollen gegebenenfalls zur Pflicht werden.

"Wir erkennen auch und sprechen es vielleicht deutlicher an als vor einigen Jahren, dass es mit der Integration bei Teilen der Ausländer hapert, dass sie zum Teil auch ganz offen verweigert wird", sagte Seibert. Dies habe Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gemeint, als sie vom Scheitern des Multikulti-Konzepts gesprochen habe.

Ein Sprecher des Innenministeriums sagte, es werde über eine Verschärfung von Sanktionen nachgedacht. Künftig solle es eine Meldepflicht der Sozialämter an die Ausländerbehörden geben, wenn Strafen wegen des Schwänzens der Integrationskurse ausgesprochen werden. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", es sei ein "lückenloser Datenaustausch zwischen Arbeitsagenturen und Ausländerbehörden" geplant. Die zuständigen Stellen würden von den Integrationsverweigerungen oft gar nichts erfahren. Deshalb müssten die Kursträger künftig Verweigerer den Behörden melden.

Der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier (CDU), forderte zudem, auch die Lernergebnisse zu überprüfen. "Integration funktioniert über Sprache, deshalb müssen wir die Sprachförderung stärken, aber wir müssen auch ein strengeres Maß bei der Abfrage des Erlernten anlegen", sagte Caffier dem Abendblatt.

Währenddessen ist in der Regierungskoalition ein Streit darüber ausgebrochen, ob eine Zuwanderung ausländischer Facharbeiter wirtschaftlich nötig und politisch gewünscht ist. Die CSU und Teile der CDU widersprachen dem Vorschlag von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP), mittels eines Punktesystems verstärkt nur Fachkräfte einwandern zu lassen. Stattdessen solle man lieber eine Beschäftigung der drei Millionen Arbeitslosen anstreben, hieß es. Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) plant einen Gesetzentwurf, um die Abschlüsse bereits in Deutschland lebender Zuwanderer leichter anzuerkennen. Dadurch erhalte die Wirtschaft 300 000 neue Fachkräfte

Zu einer heiklen Mission ist gestern Abend Bundespräsident Christian Wulff aufgebrochen. Bei seinem fünftägigen Staatsbesuch in der Türkei wird erwartet, dass er sich auch zur Integration der Muslime in Deutschland äußert. Zum Beginn seiner Reise soll Wulff vor dem türkischen Parlament in Ankara reden. In der Hauptstadt sind zudem Gespräche mit Staatspräsident Abdullah Gül und Regierungschef Recep Tayyip Erdogan geplant. Laut Bundespräsidialamt will Wulff sich unter anderem für die christliche Minderheit einsetzen. Am Freitag trifft er den griechisch-orthodoxen Patriarchen Bartholomäus I., dessen Kirche in der Türkei keine Priester mehr ausbilden kann.