Unionsfraktionsvorsitzender regt eine Lohnuntergrenze an. In der Energiepolitik sieht er die schwarz-gelbe Koalition in einer Vorreiterrolle.

Hamburg. Nach dem Tarifabschluss in der Stahlindustrie hat sich Unionsfraktionschef Volker Kauder dafür ausgesprochen, Leiharbeiter auch in anderen Branchen besser zu stellen. „Ich sehe mit großem Interesse, dass in der Stahlbranche eine so genannte Fairnessklausel im Tarifvertrag verankert wurde“, sagte der CDU-Politiker in einem exklusiven Interview des Hamburger Abendblatts (Montag). „Ziel ist, dass der Leiharbeiter den gleichen Lohn bekommt wie der Festangestellte.

Ich wünsche mir, dass die Tarif-Vereinbarung in der Stahlindustrie auch in anderen Branchen Schule macht.“ Zugleich regte Kauder eine Lohnuntergrenze für die Zeitarbeit an. „Wenn sich im nächsten Jahr die Grenzen öffnen und Arbeitskräfte aus osteuropäischen Staaten kommen, darf es kein Lohndumping geben“, forderte er.

„Hartz-IV-Reform ist gerecht“

Weiter wies Kauder Forderungen aus der Opposition nach einer Korrektur der Hartz-IV-Reform scharf zurück. „Der Regelsatz ist gerecht errechnet und darum muss es bei ihm bleiben“, sagte Kauder und fügt an: „Verhandlungen wie auf einem Basar wären nicht sachgerecht. Es muss uns doch vor allem darum gehen, die Hartz-IV-Empfänger in Arbeit zu bringen.“

Damit Hartz IV nicht zu einem Dauereinkommen werde, müsse der Hinzuverdienst neu organisiert werden. Das bisherige Modell sei „nicht der Weisheit letzter Schluss“, kritisierte der CDU-Politiker. „Je höher der Verdienst aus regulärer Arbeit ist, desto mehr soll dem Arbeitslosen davon bleiben“, forderte Kauder. „Wer in einer Größenordnung von 800 bis 1200 Euro angekommen ist, braucht Hartz IV nicht mehr. Es muss also einen Anreiz geben, möglichst viel hinzuzuverdienen.“ Die neue Hartz-IV Gesetzgebung werde am 20. Oktober im Kabinett verabschiedet.

Der Fraktionschef ging auf Distanz zu der von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) befürworteten Bildungschipkarte. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts müsse bis zum Jahreswechsel umgesetzt sein, betonte Kauder. „Die verbleibende Zeit reicht nicht, um die Infrastruktur für die Bildungschipkarte aufzubauen. Deswegen denken wir an ein anderes System.“ Vom Tisch sei die Chipkarte aber noch nicht. Kauder machte deutlich, dass er nicht mit einer Zustimmung der Oppositionsparteien zur Hartz-IV-Reform im Bundestag rechnet. „Im Bundesrat werden wir die Verhandlungen führen. Ich sehe nur, dass die ersten Krawalltöne leiser werden“, sagte er.

Energiekonzept: „Wir sind es, die in die erneuerbaren Energien einsteigen“

Zudem äußerte sich Kauder zu dem Vorwurf, das Energiekonzept der Bundesregierung nutze vor allem der Atomindustrie. „Bei der Verlängerung der Atom-Laufzeiten schöpfen wir 58 Prozent des zusätzlichen Gewinns ab. Damit sorgen wir dafür, dass die großen Konzerne Milliarden zur Entwicklung erneuerbarer Energien beisteuern“, sagte der CDU-Politiker im Interview. Bis 2018 würden die Energieversorger rund 15 Milliarden Euro für einen Fonds bereitstellen, der zur Finanzierung der „Energiewende in Deutschland“ beitrage. Kauder betonte: „SPD und Grüne sind aus der Atomkraft ausgestiegen. Das war es aber auch. Wir sind es, die in die erneuerbaren Energien einsteigen.“

Wann das letzte deutsche Atomkraftwerk vom Netz gehe, wollte er allerdings nicht sagen. Zugleich verteidigte der CDU-Politiker den Koalitionsbeschluss zur Aussetzung der Wehrpflicht. „Ich war immer der Meinung, dass es keinem jungen Menschen schadet, wenn er einige Zeit seinem Land in einer ganz zentralen Aufgabe wie der Landesverteidigung dient“, sagte er. „Aber wenn dieser Dienst nicht mehr notwendig ist, darf man jungen Leuten nicht einfach ihre wertvolle Lebenszeit per Gesetz wegnehmen.“ Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg habe ihn davon überzeugt, dass die Wehrpflicht ausgesetzt werden könne.