Michael Buback, Sohn von Siegfried Buback, sucht die Wahrheit

Die Ermittlungen zum Mord seines Vaters sind für Michael Buback, 65, enttäuschend. 2007 begann er selbst zu recherchieren und schrieb das Buch "Der zweite Tod meines Vaters".

Abendblatt:

Herr Buback, Verena Becker könnte nach 33 Jahren doch noch wegen Mordes an Ihrem Vater und seinen Begleitern verurteilt werden. Was erwarten Sie sich vom Prozess?

Michael Buback:

Es geht darum, die Tat aufzuklären. Wir möchten die Wahrheit wissen. Im Prozess geht es doch nicht nur darum, ob und wie lange eine Person hinter Gitter kommt. Nehmen wir an, Frau Becker würde jetzt wegen Gehilfenschaft zu einer begrenzten Strafe verurteilt - vielleicht mit Bewährung -, weil sie nachweislich Briefmarken auf Bekennerbriefe geklebt hat. Dann weiß man immer noch nicht: Wer waren die Täter? Ich befürchte, dass Frau Becker im Prozess nichts zur Aufklärung des Karlsruher Attentats sagen wird. Kein Angeklagter muss sich selbst belasten.

Das klingt jetzt doch ein bisschen resignativ. Empfinden Sie keine Euphorie, dass jetzt endlich die Person angeklagt wird, die Sie für hoch verdächtig halten?

Buback:

Natürlich ist es wichtig, dass es nun endlich zu diesem Prozess kommt. So lange ich nicht weiß, ob und welches Zusammenwirken es beim Tod meines Vaters gab, kann ich Frau Beckers Beitrag zur Tat nicht beurteilen. Ich habe ja über all die erschreckenden Ungereimtheiten und Mängel der Ermittlungen das Buch "Der zweite Tod meines Vaters" geschrieben. Die bittere Medizin des ersten Todes, dass Terroristen aufgrund fanatischer, mir völlig fremder Vorstellungen den Generalbundesanwalt umbrachten, haben wir schlucken müssen. Es geht nun auch darum, warum diese Tat nicht längst aufgeklärt wurde. Es gibt so viele in meinen Augen geradezu erdrückende Hinweise auf die Tatbeteiligung von Personen, die über Jahrzehnte nicht angeklagt wurden. Das meine ich mit "der zweite Tod". Es ist ein Verrat an meinem Vater dabei. Das tut weh.

Die Anklage gegen Verena Becker spricht von drei männlichen Tätern.

Buback:

Mir ist nicht recht klar, warum dies in der Anklageschrift steht. Ich bekomme von der Bundesanwaltschaft einerseits die Information, die Täter waren Sonnenberg, Folkerts und Klar. Andererseits überreicht mir die Behörde aber auch das Behördenzeugnis vom Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, in dem steht: Sonnenberg hat das Motorrad gelenkt, Wisniewski hat geschossen, Klar wartete im Fluchtauto. Es kann doch nicht beides stimmen. Wir Bubacks haben 30 Jahre lang vollständig auf die bestmögliche Arbeit der Ermittler vertraut. Wir sind gar nicht auf die Idee gekommen, dass es solch krasse Mängel gegeben haben könnte. Im Gegenteil, man hätte vermutet, da der Generalbundesanwalt erschossen worden ist, wird alles getan, um die Täter zu fassen und zuverlässig zu überführen. Deshalb wollten und konnten wir es zunächst nicht glauben, als wir von dem früheren Terroristen Boock im Jahr 2007 erfuhren, dass Klar und Folkerts definitiv nicht auf dem Motorrad saßen. Sie sind die bislang einzigen Männer, die wegen des Karlsruher Attentats verurteilt wurden.

Hat Verena Becker auf Ihr Buch reagiert?

Buback:

Ja, zumindest hat sie auf meine öffentlichen Äußerungen reagiert. Sie soll ja sogar überlegt haben, die "Buback-Geschichte" aufzuschreiben. Und sie hat viele Notizen gemacht, die bei der Durchsuchung ihrer Wohnung beschlagnahmt wurden. Sie hat auch einen Brief an mich verfasst, ihn aber, wie ich hörte, auf Anraten Ihres Anwalts nicht abgeschickt.

Hat sie sich in dem Brief denn bekannt oder bei Ihnen entschuldigt?

Buback:

Frau Becker hat sich beklagt, dass Journalisten ihre Geschwister bedrängen. Ihre Geschwister hätten mit der Sache nichts zu tun. Zu ihrem eigenen Tatbeitrag hat sie sich meines Wissens bislang nicht geäußert.