Er sollte mit Edmund Stoiber ins Kanzleramt einziehen. Dann sprach Ulrich Wilhelm fünf Jahre für Angela Merkel. Jetzt wird er Intendant.

Berlin. Er ist mehr als ein Regierungssprecher: Ulrich Wilhelm (49) verabschiedet sich am kommenden Mittwoch nach fast fünf Jahren von Berlin. Wilhelm ist einer der engsten Berater der Kanzlerin. Er war nicht nur bei fast allen ihrer Termine dabei, er weiß auch, wie sie politisch denkt. Bei seiner Aufgabe helfen dem Staatssekretär zwei Tugenden, die parteiübergreifend geschätzt werden: Freundlichkeit und Loyalität. Wilhelm lächelt wie US-Schauspieler Robert Redford, heißt es in Berlin. Aber das, was er sagt, kann weitaus mehr Konsequenzen haben.

Der Jurist und Journalist startet am 1. Februar 2011 als Intendant des Bayerischen Rundfunks (BR). Im Mai setzte sich der Chef des Bundespresseamtes im BR-Rundfunkrat mit 90 Prozent gegen den BR- Landtagskorrespondenten Rudolf Erhard durch. „Das macht mich ja fast sprachlos“, sagte er über das Votum. Sprachlos – das ist bisher allerdings nicht passiert, wenn Wilhelm von Journalisten gefragt wurde. Ruhig und sachlich antwortete er und zog klare Grenzen zwischen der Regierung und den Parteien. Doch auch wenn er stets gelächelt hat – bei alldem stand naturgemäß immer das Ziel obenan, die Politik seiner Chefin positiv zu verbreiten.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) lobte Wilhelm bei ihrer traditionellen Sommerpressekonferenz ungewöhnlich offen. „Es war eine wunderbare Zusammenarbeit.“ Sie sprach von Präzision bei der Arbeit Wilhelms und von dessen Geduld im Umgang mit Journalisten: „Unsereiner richtet irgendwas an und anschließend 27 Telefongespräche.“ Was sie ganz toll fand: „Dass wir beide immer versucht haben, jetzt nicht mit verschiedenen Zungen zu verschiedenen Leuten zu sprechen.“

Wilhelm, der neben ihr saß, freute sich darüber sehr. Lob bekam er auch vom Vizekanzler: Wilhelm hinterlasse sehr große Fußstapfen, meint FDP-Chef Guido Westerwelle. Als Vize-Regierungssprecherin der letzten DDR-Regierung kennt Merkel das Metier. Sie entschied sich 2005 für Wilhelm als Sprecher. Erstmals kam sie mit dem Absolventen der Deutschen Journalistenschule 1990 in Kontakt, als er für das Bayerische Fernsehen an einem Porträt über Kanzler Helmut Kohl arbeitete. Später gab es Kontakt bei der Kanzlerkandidatur des damaligen CSU-Chefs Edmund Stoiber 2002. Wilhelm war vor seiner Zeit in Berlin bayerischer Regierungssprecher unter Stoiber und Amtschef im Wissenschaftsministerium. Nun zieht es ihn wieder in die Heimat nach München, wo seine Frau und seine beiden Kinder leben.

Nach seinem Abschied in der Hauptstadt geht es für Wilhelm erst einmal in die Sommerpause. Nach einer Zeit der Erholung will er sich ausgiebig vorbereiten auf die neue Aufgabe und den BR mit rund 3000 festen und 1500 freien Mitarbeitern. Für die Kanzlerin, die die Personalentscheidung über seinen Nachfolger lange hinausgezögert hatte, heißt es ebenfalls Abschied nehmen. Das dürfte ihr nicht leicht fallen. Zugleich bereitet sie sich aber schon auf die Zusammenarbeit mit Wilhelms Nachfolger Steffen Seibert (50) vor, der vom ZDF kommt. Für den scheidenden Regierungssprecher freut sich Merkel inzwischen mit, dass er eine neue Aufgabe übernimmt. „Hat lange gedauert“, räumte Merkel bei der Sommerpressekonferenz ein. „Bin aber sehr froh, dass ich es vor seinem Ausscheiden noch geschafft habe.“