Ein einstimmiges Ja zum rot-grünen Koalitionsvertrag. Nordrhein-Westfalens SPD geht recht euphorisch in die Minderheitsregierung.

Köln. Die nordrhein-westfälische SPD-Vorsitzende Hannelore Kraft hat die volle Rückendeckung ihrer Partei für die Bildung einer Minderheitsregierung mit den Grünen. Ein Landesparteitag stimmte am Sonnabend in Köln einstimmig für den rot-grünen Koalitionsvertrag. Kraft will sich am Mittwoch im Landtag zur Nachfolgerin von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) wählen lassen. Sie wurde von den rund 450 Delegierten minutenlang mit lautem Beifall gefeiert.

SPD und Grüne gingen keinen leichten Weg, räumte Kraft ein. „Es ist keine einfache Konstellation. Darüber dürfen wir uns nicht hinwegtäuschen“, sagte die 49-Jährige. Rot-Grün sei auf Stimmen aus anderen Lagern angewiesen. Das sei aber keine gelebte Praxis im Düsseldorfer Landtag. Kraft rief die anderen Landtagsfraktionen zur Zusammenarbeit auf. „Fundamentalopposition und sich in die Schmollecke zurückziehen hilft dem Land nicht weiter.“

SPD und Grünen fehlt im Landtag eine Stimme zur absoluten Mehrheit. Um im zweiten Wahlgang zur Regierungschefin gewählt zu werden, ist Kraft deshalb auf mindestens zwei Enthaltungen aus anderen Fraktionen angewiesen. Die Landtagsfraktion der Linken soll sich bei der Ministerpräsidentenwahl in Nordrhein-Westfalen geschlossen enthalten und damit die Wahl von Hannelore Kraft (SPD) ermöglichen. Das hat die Mehrheit der Linke-Basis am Sonnabend auf einem Parteitag mit rund 180 Delegierten in Leverkusen empfohlen.

Kraft verteidigte ihre Entscheidung für eine Minderheitsregierung. Nach intensiven Sondierungsgesprächen mit CDU, FDP und Linkspartei habe es dazu keine Alternative gegeben. Die CDU sei nicht zu einem Politikwechsel bereit gewesen. Deshalb habe die SPD nicht den Weg in den sicheren Hafen einer großen Koalition einschlagen können. Die FDP brauche noch Zeit, um eine Ampelkoalition eingehen zu können, betonte Kraft. Und die Linke könne sich nicht zwischen Regierung und Opposition entscheiden.

Kraft warb ausdrücklich für die Zusammenarbeit mit den anderen Parteien in der Schulpolitik. Auch CDU und FDP wüssten, dass es ohne Reformen nicht gehe. SPD und Grüne wollten dabei einen „behutsamen Weg“ einschlagen. „Mit uns wird es keinen Schulkrieg geben“, versicherte Kraft. Rot-Grün will alle Schüler im Land länger gemeinsam lernen lassen. CDU und FDP sehen darin eine Bedrohung des Gymnasiums und haben Widerstand angekündigt.

+++ Eckpunkte des rot-grünen Koalitionsvertrags in NRW +++

Die SPD-Chefin wies Kritik an der geplanten höheren Neuverschuldung des Landes zurück. Rot-Grün will mit einem Nachtragshaushalt die Kreditaufnahme in diesem Jahr um rund 2,5 Milliarden Euro auf über 9 Milliarden Euro steigern. Das sei die Schlussbilanz von Schwarz-Gelb, sagte Kraft. Noch-Finanzminister Helmut Linssen (CDU) habe die dramatische Haushaltslage vor der Wahl verschleiert. „Das lassen wir uns nicht in die Schuhe schieben.“