Gesetzlich Versicherte müssen zwischen 3 und 11,25 Euro mehr im Monat zahlen. Aber die Zusatzbeiträge steigen drastisch an.

Berlin/Hamburg. Für die Gesundheit müssen die Deutschen künftig tiefer in die Tasche greifen. Nach monatelangen Verhandlungen hat sich die Regierungskoalition auf eine neue Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) geeinigt. Von 2011 an werden die Beiträge für die Versicherten und die Arbeitgeber steigen. Damit werde das kurzfristige Defizit im Gesundheitssystem ausgeglichen und gleichzeitig der Einstieg in eine dauerhafte solide Finanzierung ermöglicht, sagte Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP).

Angesichts des drohenden Defizits von zehn bis elf Milliarden Euro bei den gesetzlichen Krankenkassen beschloss die Koalition, die Zusatzbeiträge nicht länger zu begrenzen. Bisher dürfen die rund 160 Kassen nur einen Zusatzbeitrag von höchstem einem Prozent des Bruttolohns verlangen, höchstens 37,50 Euro. Diese Grenze soll ab dem 1. Januar 2011 auf zwei Prozent erhöht werden, also 75 Euro pro Monat. Die Kassen sollen künftig selbst über die Höhe der Zusatzbeiträge entscheiden dürfen. Wie der Sozialausgleich für Geringverdiener dann funktionieren soll, ist noch unklar.

Bereits am vergangenen Freitag hatte sich die Koalition darauf verständigt, den Einheitsbeitrag von derzeit 14,9 Prozent auf 15,5 Prozent heraufzusetzen. Das soll sechs Milliarden Euro erbringen. Rund 1,5 Milliarden Euro sollen durch Einsparungen bei Arzneimitteln sowie zwei bis 2,5 Milliarden durch weitere Einsparungen erzielt werden. Zwei Milliarden Euro sollen die Kassen im kommenden Jahr zusätzlich als einmaligen Steuerzuschuss erhalten.

Langfristig sollen die Kostensteigerungen im Gesundheitswesen durch die Erhöhung der Zusatzbeiträge abgedeckt werden, die allein die Arbeitnehmer zahlen müssen. Der Arbeitgeberanteil am künftigen Krankenkassenbeitrag von 15,5 Prozent soll bis mindestens 2013 bei 7,3 Prozent eingefroren werden.

Bundesgesundheitsminister Rösler sagte, die Zusatzbeiträge sollen künftig „nur noch in Euro und Cent“ und einkommensunabhängig erhoben werden. Damit erhalten die Kassen laut Rösler mehr Finanzautonomie und Gestaltungsspielraum, zudem werde der Wettbewerb gefördert.

Die SPD hat Rösler zum Rücktritt aufgefordert. Der FDP-Politiker habe selbst erklärt, bei einem Scheitern der Gesundheitsreform wolle ihn niemand mehr als Minister haben, sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Dieser Fall sei jetzt eingetreten. Die Vereinbarungen von Union und FDP zur Finanzierung des Krankenkassendefizits nannte Steinmeier einen „Offenbarungseid“. Das Ergebnis seien höhere Beiträge und Zusatzprämien für die Versicherten. „Das ist unsozial und wird besonders die unteren und mittleren Einkommen treffen.“