“Bufdis“ statt “Zivis“: Vor einem Jahr wurde der Zivildienst ersetzt. Das neue Angebot wurde nach einem zunächst holprigen Start zum Erfolg.

Berlin. Die Skepsis am Anfang war groß. Der Bundesfreiwilligendienst drohe zum "Fiasko" zu werden, meldeten Boulevardzeitungen. Auch viele Wohlfahrtsverbände klagten über zu wenige Bewerber. Die Abschaffung des Zivildienstes, der mit dem Wegfall des Wehrdienstes einherging, sei eine Riesenkatastrophe. Von diesen kritischen Tönen begleitet, starteten vor einem Jahr, am 1. Juli 2011, die ersten Bundesfreiwilligen. Inzwischen spricht nicht nur das Bundesfamilienministerin von einem großen Erfolg der Freiwilligen, die in Anlehnung an die "Zivis" schnell zu "Bufdis" wurden.

Sie sei sehr froh, dass der Bundesfreiwilligendienst ins Leben gerufen wurde, sagte Familienministerin Kristina Schröder (CDU) in einer ersten Jahresbilanz. Keine der Katastrophen, die vor einem Jahr an die Wand gemalt wurden, sei eingetreten. Stattdessen sei der Zivildienst praktisch kompensiert worden. "Das ist eine familienpolitische Sensation", so Schröder.

Anders als beim Freiwilligen Sozialen oder Ökologischen Jahr gibt es keine Altersgrenze. Auch Menschen, die älter als 27 Jahre sind, können mitmachen. Sie nutzen das Angebot rege: Im Mai machten die über 27-Jährigen nach Zahlen des Bundesamts für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben mehr als ein Drittel der knapp 33 000 Bundesfreiwilligen aus, fast jeder fünfte war älter als 50.

+++ Wehrpflicht ausgesetzt, Freiwilligendienst eingeführt +++

Der Anteil der älteren Bundesfreiwilligen ist besonders in Ostdeutschland hoch. In Sachsen waren im Mai rund 1900 "Bufdis" älter als 50 Jahre, und knapp 1090 unter 27. In Nordrhein-Westfalen dagegen standen rund 5900 Menschen unter 27 Jahren nur 410 Bundesfreiwillige über 50 gegenüber. Unter den älteren Engagierten sind gerade im Osten neben Rentnern viele Arbeitslose, wie eine Studie der Universität Heidelberg und der Berliner Hertie School of Governance ergab, für die 100 Bundesfreiwillige befragt und Internetforen ausgewertet wurden. Nicht jeder sieht diesen Trend positiv. Die Arbeiterwohlfahrt und die FDP warnten davor, den Freiwilligendienst als Arbeitsmarktinstrument zu missbrauchen. Es sei wichtig, dass alle Engagierten den Dienst freiwillig leisteten, sagte der FDP-Politiker Florian Bernschneider.

Der Studie zufolge ist der Bundesfreiwilligendienst für die älteren Engagierten manchmal eine Alternative zum Arbeitsmarkt. Daneben nannten sie aber auch die Teilhabe an der Gesellschaft und die persönliche Anerkennung als Motivation. Ein weiterer Anreiz für Arbeitslose ist der Zusatzverdienst. Bundesfreiwillige erhalten bis zu 350 Euro Taschengeld im Monat. Hartz-IV-Empfänger können davon 175 Euro behalten, der Rest wird auf ihre Bezüge angerechnet.

Die Verbände, die sich von den "Zivis" auf die "Bufdis" umgestellt haben, sind ebenfalls zufrieden. Die Caritas könnte 3900 Plätze für Freiwillige anbieten, die Nachfrage ist aber viel größer. Nach Ansicht des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) könnten sogar bis zu 70 000 Plätze "gut besetzt" werden. DRK-Präsident Rudolf Seiters richtete bereits einen Appell an den Bundestag, die Mittel aufzustocken.