Der Hamburger Wirtschaftsforscher Michael Bräuninger forscht am HWWI zur Krise des Euro und hat ein Katastrophen-Szenario ausgearbeitet.

Hamburg. In der Krise ist die Sehnsucht nach der vermeintlich guten alten Zeit stets am größten. In Griechenland galt vor der Wahl am Sonntag vielen die Drachme - und damit auch die Zeit vor der Währungsunion - wieder als erstrebenswert. Vor allem die radikale Linke versuchte mit einem anti-europäischen und rückwärtsgewandten Kurs Stimmen zu fangen. Mit dieser nostalgischen Verklärung der Vergangenheit in einer scheinbar ausweglosen Situation ist ein Teil der Griechen in Europa nicht alleine. Auch ein Teil der Deutschen, die sich immer mehr als Zahlmeister der EU verstehen, will offensichtlich zurück zu ihrer alten Währung, zurück zur D-Mark.

Das geht aus einer Deutschlandtrend-Umfrage von Infratest dimap hervor. Demnach sind 55 Prozent der Bundesbürger der Meinung, Deutschland hätte besser die D-Mark als Zahlungsmittel behalten. Aber wäre es tatsächlich eine gute Idee, aus dem Euro auszusteigen und zur "harten" Mark zurückzukehren?

+++ Der Euro: Der Weg vom nationalen Geld zur gemeinsamen Währung in Europa +++

"Nein", sagt Michael Bräuninger vom Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI). Abgesehen davon, dass es rechtlich fast unmöglich sei, aus der Gemeinschaftswährung auszusteigen, "wäre die Rückkehr zur Mark sehr teuer und Deutschland der große Verlierer", sagt der Volkswirt. Die Bundesbank hat Ansprüche von rund 700 Milliarden Euro an andere europäische Notenbanken. Würde Deutschland aus dem Euro aussteigen und damit den Vertrag über die Währungsunion verletzen, wäre zumindest ein Teil des Geldes verloren. Denn Deutschland könnte dann keine Forderungen mehr an das Euro-System geltend machen.

Durch die Abwertung des Euro gegenüber der D-Mark müsste die Bundesbank hohe Summen abschreiben. Damit bekäme die Regierung anstatt des gewohnten Gewinns einen Bundesbankverlust verbucht.

+++ Jeder dritte Deutsche will die D-Mark zurück +++

Der Staat müsste Geld zuschießen, und die Staatsschulden würden im Handumdrehen immens steigen. Von den Milliardensummen, die Banken für Wertberichtigungen aufbringen müssten, ist hier noch gar nicht die Rede. Ein Schneeballeffekt wie bei der Lehman-Brothers-Pleite 2008 wäre zu vermuten, der auch andere Banken im Strudel nach unten zieht. Neben den Banken wäre aber auch die Wirtschaft ein Verlierer: "Die starke Mark müsste in der Folge gegenüber dem Euro erheblich aufgewertet werden", führt Bräuninger das Szenario fort. Damit wäre das deutsche Exportwunder wohl an sein Ende gekommen. Exporteure müssten mit Lohnsenkungen reagieren. Die Differenz zwischen Forderungen der Banken in "weichem" Euro und Verbindlichkeiten in "harter" D-Mark würde zu großen Abschreibungen führen. "Das Bankensystem könnte zusammenbrechen. Verstaatlichungen von Banken und hohe Arbeitslosigkeit wären die Folge", sagt der Wirtschaftswissenschaftler.

Er glaubt, dass bereits der Austritt eines Landes eine mögliche Kettenreaktion, vielleicht sogar eine Weltwirtschaftskrise auslösen könnte: "Ein Zusammenbruch der Währungsunion ist nicht wahrscheinlich, aber möglich." Er hält es für richtig, dass die Bundesregierung für den Erhalt Griechenlands in der Euro-Zone kämpft und Geld aufwendet. "Alles andere wäre noch teurer", sagt Michael Bräuninger.