Spitzenkandidat der Nord-SPD wirft Wulff vor, mit seinem Verhalten in der Lobby- und Kreditaffäre die Achtung der Bürger zu zerstören.

Kiel/Hannover/Passau. Der schleswig-holsteinische SPD-Spitzenkandidat Torsten Albig übt massive Kritik am Verhalten von Bundespräsident Christian Wulff. „Die Leute wenden sich angewidert von jeder Art von Politik ab“, sagte Albig der "Bild-Zeitung" und fügte hinzu: „Wulff zertrümmert die letzte Achtung der Bürger vor den Politikern.“ Der Schaden, den Wulff der Demokratie und der gesamten politischen Klasse zufüge, sei enorm. „Das Amt des Bundespräsidenten wird nie wieder das sein, was es mal war“, meinte der SPD-Politiker.

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Einem am Montag veröffentlichten Zeitungsbericht zufolge war die Bürgschaftszusage des Landes Niedersachsen für den Filmunternehmer David Groenewold aus dem Jahr 2006 bis zum 13. Januar 2009 wirksam. Bis zu diesem Zeitpunkt hätte Groenewold, der als enger Freund des früheren Ministerpräsidenten und heutigen Bundespräsidenten Christian Wulff gilt, einen Kredit von einer Bank auf Basis der Zusage erhalten können, berichtet die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“.

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Genau in den Zeitraum zwischen 2006 und 2009 fallen die Urlaubseinladungen des Filmunternehmers an Wulff. Die Affäre um die Bürgschaften für Groenewold sind derzeit am ehesten für Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Wulff geeignet, da möglicherweise eine Vorteilsannahme mit Bezug auf das Amt gegeben ist. Eine zeitliche Nähe der Geschehnisse könnte dabei für die Ermittler entscheidend sein.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat unterdessen die Arbeit der Staatsanwaltschaft Hannover in der Lobby-Affäre um Wulff kritisiert. Der GdP-Vorsitzende Bernhard Witthaut sagte der „Passauer Neuen Presse“: „Es überrascht schon ein wenig, dass sich die Prüfung der Staatsanwaltschaft so in die Länge zieht.“ Gegen einen einfachen Beamten wäre nach Witthauts Einschätzung längst ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden.

Viele Polizeibeamte würden von Wulff erwarten, „dass er Konsequenzen zieht und die Verantwortung für seine Fehler übernimmt“, sagte Witthaut. Die Staatsanwaltschaft Hannover sieht derzeit keinen Anlass für Ermittlungen gegen den früheren niedersächsischen Ministerpräsidenten. Wulff sieht sich seit Dezember zahlreichen Vorwürfen ausgesetzt - von der Inanspruchnahme eines günstigen Privatkredits für sein Haus über kostenlose Urlaube bei Unternehmern und billiges Autoleasing bis zur staatlichen Finanzierung von Lobby-Veranstaltungen. Dies fällt vor allem in Wulffs Zeit als Regierungschef in Niedersachsen zwischen 2003 und 2010.

Mit Material von dpa/dapd