Ex-Verteidigungsminister will aus Fehlern lernen - Vorerst auch keine öffentlichen Auftritte

München. Der einstige CSU-Hoffnungsträger Karl-Theodor zu Guttenberg hat der Bitte seiner Partei nach einer baldigen Rückkehr in die Politik eine Absage erteilt. Der ehemalige Verteidigungsminister wird 2013 nicht für den Bundestag kandidieren. „Es wäre nicht der richtige Zeitpunkt. Und ich habe auch aus meinen Fehlern zu lernen“, schreibt Guttenberg in einem am Freitag in München veröffentlichten Brief an die CSU-Mitglieder.

Guttenberg war im März 2011 wegen seiner abgeschriebenen Doktorarbeit von allen Ämtern zurückgetreten und im Sommer mit seiner Familie in die USA ausgewandert. Zuletzt bemühte sich CSU-Chef Horst Seehofer, Guttenberg in die aktive Politik zurückzuholen.

Beide Politiker trafen sich am Donnerstagabend zu einem persönlichen Gespräch in der bayerischen Staatskanzlei. Die Gründe für Guttenbergs Verzicht seien sehr persönlicher Natur, erklärte Seehofer am Freitag. Er sprach von einer „respektablen Entscheidung“, die keinen Schaden in der Partei anrichte. Der CSU-Vorsitzende nimmt an, dass Guttenberg seine politische Karriere nicht endgültig aufgegeben hat. „Auf lange Sicht“ bleibe die Wiederkehr Guttenbergs eine Option.

In seinem Brief versicherte Guttenberg, die CSU bleibe seine politische Heimat. Er kündigte an, „auf lange Sicht“ nicht öffentlich in Deutschland auftreten zu wollen. Bereits gegebene Zusagen nehme er mit Bedauern zurück. Laut Seehofer wird Guttenberg auch nicht bei der Verleihung des Ordens wider den tierischen Ernst an den Kabarettisten Ottfried Fischer am Samstag in einer Woche in Aachen reden.

Guttenberg zeigte sich selbstkritisch: „Nicht jede meiner Reaktionen und Äußerungen im vergangenen Jahr, das ich als extrem empfunden habe, war klug.“ Rückblickend seien auch die vergangenen Wochen „missglückt“. Vielen seien sie „wie eine Comeback-Inszenierung erschienen“, obwohl dies nicht seine Absicht gewesen sei.

Ende November war Guttenbergs Interviewbuch „Vorerst gescheitert“ erschienen, in dem er eine Rückkehr nicht ausgeschlossen hatte. In dem Buch hatte der 40-Jährige heftige Kritik am Zustand der CSU geübt und damit Verstimmung in der Partei ausgelöst.

Dennoch äußerten sich viele CSU-Politiker jetzt enttäuscht über Guttenbergs Verzicht, vor allem in seinem Wahlkreis. „Mit ihm verlieren wir eine Persönlichkeit, die den Fokus auf Oberfranken gelenkt hat“, sagte der Kulmbacher CSU-Chef Henry Schramm. Der Lichtenfelser CSU-Vorsitzende Christian Meißner schrieb auf seiner Internetseite: „Wir hatten mit ihm einen Bundestagsabgeordneten, der seinen Wahlkreis hervorragend vertreten hat.“

Der oberfränkische CSU-Bezirksvorsitzende un Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich erklärte: „Wann immer Karl-Theodor zu Guttenberg entscheidet, in die Politik zurückzukehren, wird es ein Gewinn für die CSU.“ Bayerns CSU-Fraktionschef Georg Schmid sagte, Guttenberg werde zeigen, dass man auch ohne Mandat oder Bewerbung um ein Mandat zum Gesamterfolg der CSU beitragen könne.

Die CSU-Landesgruppenchefin im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, riet der Partei indes, jetzt wieder nach vorne zu blicken und „die Debatten um Personen einzustellen“. „Die CSU ist sowohl personell als auch inhaltlich stark aufgestellt, um in die kommenden Wahlen zu ziehen.“

Der designierte SPD-Spitzenkandidat zur Landtagswahl in Bayern, Christian Ude, wertete Guttenbergs Verzicht als schwere Schlappe für Seehofer. Dieser habe Guttenbergs Comeback „frohgemut und optimistisch“ angekündigt. Die Geschichte lehre, „wie seriös und belastbar Ankündigungen und Versprechungen des bayerischen Ministerpräsidenten“ seien, spottete der Münchner Oberbürgermeister.

+++ Lesen Sie hier den Brief Guttenbergs an die Parteimitglieder +++

Chronologie: Guttenbergs politische Laufbahn

Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat innerhalb kürzester Zeit einen rasanten politischen Aufstieg erlebt. Nach seinem schnellen Sturz wegen der Plagiats-Affäre blieb sein Comeback in die Bundespolitik bisher aus.

- 2002: Karl-Theodor zu Guttenberg wird als 30-Jähriger in den Bundestag gewählt.

- 2007: Wahl zum Vorsitzenden des CSU-Bezirksverbandes Oberfranken.

- 2008: CSU-Chef Horst Seehofer beruft ihn zum Generalsekretär.

- Februar 2009: Nach dem Rücktritt von Michael Glos (CSU) wird Guttenberg als dessen Nachfolger jüngster Bundeswirtschaftsminister.

- Oktober 2009: Nach der Bundestagswahl übernimmt Guttenberg das Verteidigungsressort von Franz Josef Jung (CDU), der Arbeitsminister wird.

- 2010: Der CSU-Hoffnungsträger wird in den Medien als möglicher nächster CSU-Chef, bayerischer Ministerpräsident oder Kanzlerkandidat der Union gehandelt.

- März 2011: Knapp zwei Wochen nach den ersten Enthüllungen in der Plagiats-Affäre um seine Doktorarbeit tritt Guttenberg zurück.

- 19. November 2011: Bei seiner ersten öffentlichen Veranstaltung nach dem Sturz nimmt er als „Distinguished Statesman“ (angesehener Staatsmann) an einer Sicherheitskonferenz in Halifax (Kanada) teil.

- Ende November 2011: Guttenbergs Interview-Buch „Vorerst gescheitert“ erscheint, die Erstauflage von 80 000 Exemplaren ist innerhalb von drei Tagen vergriffen.

- 12. Dezember 2011: Guttenberg wird Berater der EU-Kommission zur Internetfreiheit. Er betont in Brüssel: „Dies ist kein politisches Comeback.“

- 20. Januar 2012: Seehofer stellt klar, Guttenberg wird sich 2013 nicht um ein Bundestagsmandat bewerben und vorerst nicht in die deutsche Politik zurückkehren.