Auch Bundestagsvize Thierse (SPD) verlangt in der Affäre um umstrittenen Hauskredit Transparenz vom deutschen Staatsoberhaupt.

Berlin. In der Union gibt es wachsenden Unmut über Bundespräsident Christian Wulff. Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier kritisierte dessen Rückzieher bei der angekündigten Offenlegung der nunmehr 500 Fragen und Antworten zur Affäre. Im Kurznachrichtendienst Twitter schrieb er: "Wünsche mir, dass Christian seine Anwälte an die Leine legt und die Fragen/Antworten ins Netz stellt." Im Abendblatt hatte er zuvor erklärt, er hielte es für unglücklich, "wenn der Eindruck entstünde, dass die Anwälte des Bundespräsidenten jetzt hinter dem zurückbleiben, was er selbst in einem Fernsehinterview angekündigt hat".

Wulff hatte vor einer Woche gesagt: "Morgen früh werden meine Anwälte alles ins Internet einstellen. Dann kann jede Bürgerin, jeder Bürger jedes Details zu diesen Abläufen sehen und bewertet sehen." Sein Anwalt Gernot Lehr legte mit einem Hinweis auf seine Verschwiegenheitspflicht jedoch nur eine sechsseitige Zusammenfassung vor. Am Mittwoch präzisierte er, eine Veröffentlichung würde die Rechte der anfragenden Journalisten verletzen. Er sei rechtlich daran gehindert.

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Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse gibt sich mit dieser Erklärung nicht zufrieden. "Wulff müsste seine Anwälte von ihrer Verschwiegenheitspflicht befreien. Den Nachfragenden ging es schließlich gerade um die Herstellung von Öffentlichkeit", sagte er dem Abendblatt. "Es wäre im Interesse des Bundespräsidenten, wenn er seiner Ankündigung von voller Transparenz auch entsprechende Taten folgen ließe und nicht die Einschränkung durch seine Anwälte hinnimmt." Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) meldete sich zu Wort. "Die wochenlange Auseinandersetzung hat sicherlich nicht nur den Amtsinhaber persönlich strapaziert, sondern leider wohl auch das Amt", sagte Lammert dem "Stern".

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Wulff gestern erneut ihr Vertrauen ausgesprochen. "Ich glaube, er hat in den vergangenen Tagen und Wochen gezeigt, dass er auf viele Fragen eine Antwort gegeben hat", so die Kanzlerin. Ihre Wertschätzung habe Bestand, fügte sie hinzu. Thierse bemerkte jedoch, die Kanzlerin könne "jetzt nicht so tun, als ob sie der Fall nichts angeht". Merkel sei von Wulffs Problemen ebenfalls betroffen - immerhin sei er der Bundespräsident, den die Kanzlerin in dieses Amt gebracht habe.

Aus Fraktionskreisen hieß es, es gebe wachsende Unzufriedenheit mit dem Krisenmanagement im Bundespräsidialamt. Mit der Weigerung, die Details ins Internet zu stellen, ziehe sich die Affäre weiter hin. Damit schade sich Wulff nicht nur selbst, sondern auf Dauer der gesamten Union.