In den nächsten Tagen werden wichtige Weichen gestellt, wie es mit Merkels Kanzlerschaft weitergeht. Das CDU-Präsidium stärkt ihr den Rücken.

Berlin. Es war ein freundlicher Moment in unfreundlichen Zeiten, als Angela Merkel gestern den französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy in Berlin empfing. Mit Wangenkuss und einem Gespräch in ihrem Büro, als Zeichen der besonderen Wertschätzung, wie es hieß.

Dabei hat die Kanzlerin auch mit Sarkozy ihre Schwierigkeiten, lehnt die Kanzlerin doch den Wunsch des Franzosen nach einer europäischen Wirtschaftsregierung der 16 Euro-Staaten rundheraus ab. Ursprünglich sollte das Treffen bereits am vergangenen Montag stattfinden, doch Merkel musste wegen der Verhandlungen über das Sparpaket kurzfristig absagen, was Spekulationen über eine Verstimmung zwischen Berlin und Paris ausgelöst hatte. Beobachter interessierten sich gestern allerdings weniger für die vermeintliche Krise zwischen Deutschland und Frankreich und auch nicht für die Euro-Krise, sondern für die Krise der Koalition, die am Morgen im CDU-Präsidium das bestimmende Thema war. Und zwar auf Wunsch der Vorsitzenden selbst, die darum bat, schonungslos offen über die Krise zu diskutieren, in der sich die Union und die Regierungskoalition nach dem wochenlangen Streit befinden. Die Schlagzeilen des letzten Wochenendes, so hieß es, hätten auch ihr zu schaffen gemacht.

Die Aussprache, die dann folgte, bildete den Auftakt zu einer Woche, die in Berlin als Schicksalswoche der Kanzlerin bezeichnet wird. Merkels Regierungsbündnis ist vom Dauerzwist über das milliardenschwere Sparpaket, mögliche Erhöhungen des Spitzensteuersatzes, die Zukunft der Wehrpflicht und die FDP-Forderung nach einer Kopfpauschale im Gesundheitssystem schwer gezeichnet. Im CDU-Präsidium schien allen Beteiligten klar, dass es so nicht weitergehen kann; dass ein Regierungsbündnis eine derart desaströse öffentliche Begleitmusik vielleicht mal 14 Tage aushalten kann - aber eben nicht länger.

Die Schuld dafür, dass Angela Merkels Machtworte wirkungslos verpufft waren, wollte man der Vorsitzenden im höchsten Führungsgremium der Partei aber nicht zuschreiben. Im Gegenteil: Stattdessen mussten sich Sparpakets-Kritiker wie Bundestagspräsident Norbert Lammert und Saarlands Ministerpräsident Peter Müller Kritik anhören, auch von Merkel.

Ein bürgerliches Bündnis, so das Credo, müsse auch bürgerliche Umgangsformen an den Tag legen. Zu dieser Einsicht, hieß es, müsse man gerade im Großraum München kommen. CSU und FDP hätten die Hauptschuld an der miserablen Performance, nicht die CDU. Auch nach Auffassung Merkels ist der Streit um die von Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) angestrebte Reform völlig aus dem Ruder gelaufen.

Merkel muss bereits heute, wenn sie die Spitzen der Regierungsparteien zum Koalitionsausschuss im Kanzleramt empfängt, versuchen, eine Lösung für den Konflikt zu finden. Bislang lehnt die CSU Röslers Pläne strikt ab.

Die Zeit drängt, denn bereits Freitag treffen sich die Koalitionäre zu einer Gesundheitsklausur. Aus der FDP heißt es bereits, dann könne sich das Schicksal der Koalition endgültig entscheiden. Heute Abend muss Merkel auch noch Horst Köhler beim Zapfenstreich verabschieden - also ausgerechnet den zurückgetretenen Präsidenten, der sie in einer ohnehin krisenhaften Situation mit seinem abrupten Abgang zusätzlich in Bedrängnis brachte.

Da wiegt es kaum schwerer, dass die Kanzlerin beim EU-Gipfel am Donnerstag auch neue Auseinandersetzungen mit Sarkozy erwarten dürften. Immerhin: Gestern einigte man sich schon mal darauf, vor dem nächsten G20-Gipfel Ende Juni in Kanada gemeinsam Druck bei den angestrebten schärferen Finanzmarkt-Regeln zu machen.